Reinhold Ernst: Vom Held zum Märtyrer
Der Rücktritt von Aufsichtsratschef Reinhold Ernst erschüttert den Verein massiv.
Düsseldorf. Als es am Montag auf Mitternacht zuging, war nicht mehr viel von dem eloquent-charmanten Anwalt zu erkennen, der als Verteidiger seine Mandanten "raushaut".
Fortunas kurz zuvor überraschend zurückgetretener Aufsichtsratschef Reinhold Ernst wirkte wie ein ertappter Schuljunge, der eine Dummheit begangen hat. Kalkweiß, mit Schweiß im Gesicht und geröteten Augen.
Nach nicht mal einem Jahr erklärte der Hoffnungsträger der Fans also seinen Rücktritt, nachdem er sich die Lösung mit den Sportwelt-Schulden sowie die Einigung mit der Arena über den Mieterlass an die Fahnen heften durfte. Seine Freunde hatten es gewusst. Kenner der Szene hatten es geahnt, als er bei der Begrüßung von einer späteren "persönlichen Erklärung" sprach.
Für die meisten der 580 Anwesenden kam es überraschend, spontan verließen einige hundert den Saal. Ernst spendeten fast alle stehend Beifall. "Dieser Zuspruch hat mich sehr berührt", so Ernst, schob aber gleich hinterher, dass er nicht in der Mitte der Streitigkeiten habe stehen wollen.
Und was sagt Heinrich Pröpper, sein als Buhmann auserkorener Stellvertreter? "Diese ganze Unruhe und diesen Rücktritt in einer so wichtigen Phase für Fortuna versteht keiner so richtig."
Dass er selbst von den Mitgliedern nicht entlastet wurde, stört ihn wenig: "Ich habe ordentliche Arbeit für den Verein gemacht", glaubt Pröpper. Bis zur Neuwahl fungiert er nun als Aufsichtsratsvorsitzender. Wird er dann kandidieren?
"Kein Kommentar", sagt Pröpper, fügt aber hinzu: "Ich habe mich nie in dieses Gremium gedrängt, sondern mich nach dem Weggang von Jürgen Marbach als Interimslösung gesehen. Ich habe genug Arbeit." Auch das klingt eher nach Rückzug.
Mit Ernst zogen vier der sechs Kandidaten für die zwei zu besetzenden Aufsichtsratsplätze ihre Kandidatur zurück, die Wahlen wurden vertagt. Die Veranstaltung drohte im Chaos zu enden, doch Ernst beruhigte die Gemüter, sprach dem Vorstand das Vertrauen aus.
Der hatte durch Finanz-Vorstand Werner Sesterhenn dargelegt, dass die Lage zwar ernst, aber nicht hoffnungslos sei. So drücken den Verein nach wie vor über drei Millionen Euro Schulden.
Geholfen habe bisher die Unterstützung der Stadt, etwa beim Schuldenabbau gegenüber der Arena. "Unser Problem ist aber nach wie vor, dass weiter gehende Unterstützung aus der Wirtschaft ausgeblieben ist", sagte Sesterhenn.
Diese "Wirtschaft" hatte in Reinhold Ernst gerade einen Mann vor sich, der eine neue Seriosität ausstrahlte. Der Rücktritt dürfte dahingehend ein fatales Signal gewesen sein. Zumal die Person Ernst durchaus auch kritisch gesehen werden kann.
So ist hinter vorgehaltener Hand von Führungsschwäche die Rede, gemunkelt wurde von einem "Märtyrer"-Verhalten. Und wer Ernst in die Augen sah, erkannte, dass ihn die Verantwortung für den Klub offenbar stark belastete.
Er habe mit den Tränen gekämpft, sagte er. Zumindest stehe er dem Verein weiter helfend zur Verfügung. Der Aufsichtsrat traf sich gestern dem Vernehmen nach zur ersten Krisensitzung.