Kein Übermut: Sportschau ohne Frauen-Bundesliga
Hannover (dpa) - Die sensationellen Einschaltquoten bei der Frauen-WM werden die deutsche Fußball-TV-Landschaft nicht auf einen Schlag verändern.
Der Wunsch des DFB-Präsidenten Theo Zwanziger, dass die Frauen-Bundesliga zukünftig wie die 3. Männer-Liga in der ARD-Sportschau behandelt wird, dürfte nicht in Erfüllung gehen. „Wir müssen das Turnier genau analysieren. Die WM ist aber nicht mit dem Ligabetrieb zu vergleichen“, sagte ARD-Sportkoordinator Axel Balkausky der Nachrichtenagentur dpa. „Ich halte es derzeit für ausgeschlossen, dass wir regelmäßig Spielberichte aus der Bundesliga samstags zeigen“, fügte er hinzu.
ARD und ZDF haben in der Vergangenheit hin und wieder in ihren Sonntag-Sportsendungen über Partien aus der Frauen-Bundesliga berichtet. Das könnte intensiviert werden, zumal die höchste Liga der Frauen ihre Spiele bisher sonntags austrägt. Zudem übertragen die öffentlich-rechtlichen TV-Sender seit mehreren Jahren die Länderspiele der DFB-Frauen live. Hier gibt es laut Balkausky Überlegungen, die Anfangszeiten einzelner Partien auf die Zeit nach 20 Uhr zu verlegen. In der sogenannten Primetime wurden bei der WM Rekord-Quoten von 17 Millionen Zuschauern gemessen.
Trotz der enormen WM-Reichweiten - am Mittwoch verfolgten 8,45 Millionen (Marktanteil 28,6 Prozent) das Halbfinale zwischen Japan und Schweden im Zweiten - drückte ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz etwas auf die Euphoriebremse. „Man sollte nicht übermütig werden. Ich glaube nicht, dass Frauen-Länderspiele in Zukunft 15 oder 16 Millionen Zuschauer haben werden“, sagte Gruschwitz. Er verwies auf das Beispiel der Männer. Die WM-Partien des DFB-Teams werden von 20 bis 30 Millionen Zuschauern verfolgt, bei „normalen“ Länderspielen sitzen manchmal weniger als 10 Millionen Fans vor dem Bildschirm.
„Das WM-Turnier hatte unbestritten eine große sportliche Wertigkeit. Die DFB-Frauen waren vorher zweimal Weltmeister geworden und haben damit große Erwartungen erweckt“, sagte Gruschwitz zu dem in dieser Dimension unerwarteten Quoten-Erfolg. „Außerdem haben seit dem Sommermärchen 2006 der Männer alle sportlichen Großereignisse in in Deutschland einen Event-Charakter angenommen. Man will dabei sein“, erläuterte der ZDF-Sportchef.
Nach der Fußball-WM der Männer vor fünf Jahren waren die Reit-WM in Aachen 2006, die Handball-WM der Männer 2007 und die Leichtathletik-WM 2009 in Berlin auf ein großes Publikumsinteresse gestoßen. Davon profitierten auch die TV-Sender mit guten Quoten. „Der Frauen-Fußball hat durch die WM einen neuen Stellenwert erfahren. Das gleiche Turnier in England oder Frankreich hätte aber nicht diese Resonanz gehabt“, argumentierte Gruschwitz.