„Freudiges Ende“ für die Weltmeister - Löw: Gut für 2015
Vigo (dpa) - Dieser Sieg tat Joachim Löw richtig gut, auch wenn es nicht annähernd der wichtigste im triumphalen Fußballjahr 2014 war.
Auf dem leicht verspäteten Heimflug der Nationalmannschaft vom Prestige-Erfolg gegen Europameister Spanien konnte sich der Bundestrainer im Charterflieger entspannt in seinem Sessel in Reihe zwei zurücklehnen und auf eine geruhsame Winterpause freuen. Alles ist wieder gut: Die Mühen in der von Löw selbst als „etwas schleppend“ bezeichneten EM-Qualifikation sind bis zum Neustart Ende März vergessen und nach dem 1:0 in Vigo verziehen. Die Weltmeister haben weiter Biss, der durch Rücktritte und Verletzungen notwendig gewordene personelle Umbruch ist eingeleitet.
Bei der Landung in Frankfurt ermöglichte der Blick aus dem Fenster dann eine unverhoffte Erinnerung an die rauschende WM-Party. Die DFB-Sondermaschine rollte an dem Jumbo mit der Aufschrift „Siegerflieger“ vorbei, mit dem Löw und seine Titelhelden am 15. Juli aus Brasilien zurückgekehrt waren. Noch auf dem Rollfeld verabschiedeten sich Spieler und Trainerstab per Handschlag und Umarmungen. Das nächste Länderspiel-Wiedersehen steht erst im März 2015 an.
Erstmals nach dem Titelgewinn in Brasilien war Löw mal wieder total zufrieden nach einem Länderspiel. „Das Jahr geht für uns freudig zu Ende“, frohlockte der Bundestrainer im betagten Estadio Balaídos. Das Happy-End gelang mit einer Notgemeinschaft, die personell kaum noch mit jenem Team zu tun hatte, das im Sommer Fußball-Weltmeister geworden war. Das aber als Mannschaft gemeinsam allen widrigen Umständen getrotzt hatte. „Ich freue mich wahnsinnig, gegen Spanien in Spanien zu gewinnen“, sagte Löw. Das war zuletzt 1982 gelungen.
Der „Donner von Kroos“, wie das spanische Sportblatt „Marca“ in großen Lettern titelte, hatte das DFB-Team im Dauerregen in der vorletzten Minute für einen engagierten Auftritt belohnt. „Ein tolles Jahr und ein guter Abschluss“, resümierte der Wahl-Spanier Toni Kroos, einer der Hauptdarsteller im glorreichen WM-Jahr.
Löw hatte in der Not eine weitere System-Premiere (3-4-3) ersonnen. Mit einer gewagten, neu formierten Dreierkette in der Abwehr mit Antonio Rüdiger rechts, Shkodran Mustafi zentral und Benedikt Höwedes links. Den „taktischen Horizont“ erweitern, das Spiel-Repertoire verbreitern, so lautet Löws Großauftrag bis zur EM 2016 in Frankreich.
„Wir mussten das Zentrum gut besetzen, also mit einem Mann mehr“, erläuterte er. Das Abwehrtrio habe das sehr gut gemacht - „immer wachsam und konzentriert“. Mustafi übertrug der Bundestrainer in dessen erst sechstem Länderspiel die Hauptverantwortung. „Ich war quasi der Libero, der tiefste Mann. Das ist dann meine Aufgabe, die Jungs zu führen“, sagte der 22-Jährige vom FC Valencia stolz.
Im Tor konnte Ron-Robert Zieler seinen ersten Sieg im Nationaltrikot feiern. Der Schlussmann von Hannover 96 parierte die Schüsse von Nolito und Pedro ganz sicher. Löw lobte zudem seine Ruhe in der Spielauslösung. „In Spanien haben noch nicht viele Torhüter gewonnen. Ron hat seine Sache super gemacht“, betonte Bundestorwarttrainer Andreas Köpke. „Es ist gut gelaufen, ich hatte meine Szenen“, sagte Zieler: „Für mich persönlich und die Mannschaft war das ein toller Abend.“ Zieler, Mustafi, Rüdiger, Sebastian Rudy - es gab einige Akteure, die ihre Chance gegen den Ex-Weltmeister ergriffen.
Kroos hob den Anteil von Löw hervor. „Wir sind mit einem guten Plan in das Spiel gegangen. So wie wir aufgestellt waren, haben wir das Beste rausgeholt.“ Und dank des Profis von Real Madrid hatten die Gäste den „Lucky Punch auf unserer Seite“. Der Bundestrainer hatte von seinen Spielern ausdrücklich eine letzte Kraftanstrengung verlangt. „Ich wollte sehen, dass wir noch mal den Biss und die Motivation haben, gegen so einen starken Gegner zu bestehen“, sagte der Chefcoach: „Es ist eine gute Vorlage für das nächste Jahr.“
Elf Siege, vier Unentschieden, zwei Niederlagen, 37:15 Tore - die Jahresbilanz ist top. Die Weltmeister prägten gemeinsam, aber auch einzeln 2014. Löw tippt, dass einer seiner Champions am 12. Januar in Zürich quasi stellvertretend als Weltfußballer ausgezeichnet wird. Es werde „eine enge Geschichte, aber ich denke, es wird einer von den Deutschen sein“. Angefangen bei Manuel Neuer bieten sich einige an.
Kroos war der Dauerbrenner im WM-Jahr mit 16 von 17 möglichen Einsätzen und den meisten Spielminuten (1467). Thomas Müller erzielte die meisten Treffer (10), gefolgt von Mario Götze (7), der im WM-Finale gegen Argentinien das Tor des Jahres schoss. Für Müller ging das Länderspieljahr mit einer schmerzhaften Gesäßprellung zu Ende. „Ich hoffe, dass es nicht zu stark eingeblutet ist“, sagte der Bayern-Profi vor dem Rückflug nach München.
Löw freut sich nach einigen noch bis Weihnachten anstehenden Verpflichtungen und Ehrungen auf eine „verdiente Pause“ nach einem strapaziösen Jahr. Sein Resümee fiel überragend aus. „Bei der WM haben wir alle hinter uns gelassen. Die Qualifikation war etwas schleppend, aber das hatte auch seine Gründe.“ Im Januar und Februar will er mit seinem Trainerteam die Zukunft planen. „Wir wollen neue Ideen entwickeln und neue Ansätze finden.“
Die Winterpause des Weltmeisters endet dann am 25. März in Kaiserslautern mit einem Test gegen Australien. Vier Tage später wird es in der EM-Qualifikation in Georgien wieder ernst. Das passende Schlusswort sprach Kroos: „Es gibt immer noch Luft nach oben.“