Frühaufsteher Löw stürzt sich in WM-Planung
Costa do Sauípe (dpa) - Schon in der Morgendämmerung verließen Joachim Löw und die DFB-Crew den Ort der glanzlosen WM-Auslosung. Eine schlaflose Nacht hatten die Vorrunden-Gegner Portugal, Ghana und USA dem Bundestrainer nicht beschert.
„Deutschland und Portugal sind in dieser Gruppe die Favoriten, ganz klar. Aber es gibt keine leichten Mannschaften mehr. Wir müssen immer bei jedem Spiel wahrscheinlich ans absolute Limit gehen“, erklärte Löw, bevor er im frischen weißen Hemd den Auslosungsstress bei einem kleinen Strandspaziergang abschüttelte.
Ab Samstagmorgen begann für den Chef der deutschen Titelmission 2014 bereits die nächste Etappe auf dem angestrebten Weg ins berühmte Maracana-Stadion von Rio de Janeiro. „Die WM hat jetzt ein Gesicht. Wir wissen, wo wir spielen, vor allem gegen wen wir spielen“, sagte Frühaufsteher Löw, der die Vorrunden-Gegner der deutschen Nationalelf im heruntergekühlten FIFA-Zelt ohne große Gefühlsregungen zur Kenntnis genommen hatte. „Ich mache mir keine Gedanken darüber, ob ich glücklich oder unglücklich bin über die Auslosung.“
Zwar sei das Duell gegen seinen ehemaligen Chef Jürgen Klinsmann, der jetzt die US-Boys trainiert, natürlich etwas Besonderes. „Aber so ist das im Fußball. Das wird für die Medien etwas Spezielles. Für uns Trainer ist es professionell“, sagte Löw. Noch am Ort der Auslosung stürzte sich der 53-Jährige mit seinem Stab in konkrete Planungen, die sich aus den Spielorten Salvador (am 16. Juni gegen Cristiano Ronaldos Portugiesen), Fortaleza (21. Juni gegen Ghana mit Kevin-Prince Boateng) und Recife (26. Juni gegen die USA mit Klinsmann) ergeben.
WM-Hauptquartier, Vorbereitungsprogramm, Testgegner - das alles soll in den kommenden Tagen nochmals besprochen und dann rasch fixiert werden. Besonders der Reise- und Temperaturaspekt sei zu beachten, betonte Teammanager Bierhoff. Alle drei Spielorte in der Vorrunde liegen im auch in den Wintermonaten Juni und Juli heißen Nordosten Brasiliens, dazu kommen die ungewohnten Anstoßzeiten von zweimal 13.00 Uhr und einmal 16.00 Uhr. „Wenn du dreimal in der Hitze spielst, ist das nicht so einfach zu verkraften. Gerade bei einem Anstoß zur Mittagszeit wird man viel Substanz brauchen“, sagte Löw.
Die richtige Wahl des Basecamps ist für den DFB-Chefcoach von zentraler Bedeutung - auch aus den Erfahrungen der Vergangenheit. Löw will mit DFB-Internist Tim Meyer nochmals genau besprechen, was für Trainingsbelastung und Regeneration die ideale Lösung ist. Manager Bierhoff sieht seine „Hausaufgaben gemacht“, eine von ihm reservierte Herberge in Porto Seguro, gut 400 Kilometer südlich von Salvador, ist der Favorit. „Die Region um Salvador, vielleicht etwas südlich, ist schon gut, ist ein anderes Klima als in Rio oder in Sao Paulo“, bemerkte Bierhoff: „Es wird ein wichtiger Aspekt sein, gerade bei diesen Temperaturen die Reisestrapazen zu miniminieren.“
Die Lose von Costa do Sauípe haben dem DFB-Team einen zwar anspruchsvollen, aber bis zum Halbfinale durchaus erfolgreich begehbaren Weg zum angestrebten vierten Titelgewinn geebnet. „Die deutsche Gruppe ist sicher nicht einfach, aber machbar“, meinte Franz Beckenbauer, der sowohl als Spieler (1974) als auch als Trainer (1990) den WM-Thron bestiegen hatte.
Die letzte von nur drei Niederlagen (bei 17 Vergleichen) gegen Portugal datiert von der blamablen EM 2000. Ghana wurde bei der WM 2010 in Johannesburg mit 1:0 bezwungen, wenn auch mühevoll. Und die US-Amerikaner dürften trotz Klinsmann und sportlichen Fortschritten kein Stolperstein sein. Allerdings erinnerte Löw auch: „Alle drei Mannschaften haben bei der letzten WM die Gruppenphase überstanden.“
Auch die Konstellation für die K.o.-Runde scheint günstig. Während sich in den Gruppe A bis D die Turnier-Favoriten Brasilien, Spanien, die Niederlande und Italien sowie die hoch gehandelten Chile, Japan, Uruguay und England Richtung Semifinale gegenseitig eliminieren, bekäme es Deutschland erst im Viertelfinale möglicherweise mit den Hochkarätern Argentinien oder Frankreich zu tun.
„Es hätte auch schwerer kommen können. Es sind alles keine leichten Gegner, wir kennen sie ja von früheren Turnieren, aber es sind machbare Aufgaben“, erklärte Bierhoff nach der feststehenden Vorrunde.
Hammergruppen haben eher andere erwischt. In der Gruppe B hat es Titelverteidiger Spanien mit Holland und den starken Chilenen zu tun, die im März Testgegner des DFB-Teams sind. Die Ex-Weltmeister Uruguay, England und Italien streiten in Gruppe B um das Weiterkommen - für die beiden letzten kommt es gleich im ersten Gruppenmatch in der Amazonas-Stadt Manaus zum Showdown. „Ich habe eine ganz einfache Philosophie, jedes Spiel kann gewonnen werden“, sagte Englands Teammanager Roy Hodgson. Das würde sicher auch Löw unterschreiben.