Brasilien will Revanche im „Stadion der Tragödie“
Hamburg (dpa) - 13 Jahre nach dem Final-Debakel im „Stadion der Tragödie“ fordern die damals entzauberten Ballvirtuosen vom Zuckerhut die einstige Grande Nation des Fußballs zur Revanche.
„In den Köpfen aller Brasilianer ist immer noch die Schande von 1998, die Spieler werden sich am Mittwoch reinwaschen wollen“, sagte Brasiliens Ex-Nationalstürmer Sonny Anderson. Er erinnerte an die deftige 0:3-Schlappe des WM-Favoriten im Sommer 1998 gegen die damals nach dem Endspieltriumph zurecht im eigenen Land umjubelte „Equipe Tricolore“.
Einen bitteren Beigeschmack hatte die Partie nur für den heutigen Auswahl-Coach Laurent Blanc, denn der französische Abwehrchef war damals ausgerechnet im WM-Finale gesperrt. „Es bleibt dennoch eine schöne Erinnerung“, betonte Blanc, „schließlich war es ein WM-Endspiel und der Triumph einer französischen Nationalmannschaft.“
Der Nachfolger des nach dem blamablen Vorrunden-K.o. bei der WM 2010 in Südafrika geschassten Raymond Domenech hat das Ruder bei den „Blauen“ übernommen und will das Prestige-Duell zum Einspielen für die heiße Phase der EM-Qualifikation nutzen. „Für mich ist Brasilien das gelobte Land des Fußballs“, betonte der 45 Jahre alte Coach. „Man hat selten die Möglichkeit, gegen diese Mannschaft zu spielen.“ Für seine zum Teil wenig erfahrenen Akteure sei dies eine einzigartige Chance. „Sich vor eigenem Publikum mit einem der zwei besten Teams der Welt zu messen, birgt die Chance, Selbstvertrauen zu tanken.“
Seinen besten Kader hat Blanc aber nicht beisammen. So verzichtete er bei der Nominierung neben Bayern-Profi Franck Ribéry auch auf den umstrittenen Patrice Evra: Das Duo gilt als Anführer des berüchtigten WM-Trainingsboykotts 2010. „Das waren rein sportliche Entscheidungen“, beteuerte Blanc. Er habe nicht auf den Druck der Regierung in Paris reagiert. Jedoch hatte Sportministerin Chantal Jouanno eine Nominierung von Evra, dessen Fünf-Länderspiele-Sperre abgelaufen war, und Ribéry (war 3 Spiele intern gesperrt und lange verletzt) nach den Skandalen in Südafrika „nicht akzeptabel“ genannt.
Sein Kollege Mano Menezes hat in seinen 23-köpfigen Kader zwar nur bei europäischen Clubs beschäftigte Profis berufen, der zuletzt häufig verletzte Topstar Kaka (Real Madrid) ist allerdings nicht dabei. Und die aktuellen Asse wollen von Revanche-Gelüsten angeblich nichts wissen. „Wir waren 1998 ja nicht dabei“, erklärte Verteidiger Thiago Silva. „Aber natürlich, gegen Frankreich ist es immer ein besonderes Spiel, wir wollen und werden gewinnen.“
Während im zweiten Top-Match am Mittwoch zwischen Portugal mit Cristiano Ronaldo und Argentinien mit Lionel Messi die beiden wohl weltbesten Spieler aufeinandertreffen, stimmen sich die deutschen Gruppengegner auf die EM-Qualifikation ein. Österreich trifft in Wien auf die Niederlande, Belgien hat in Gent Finnland zu Gast. Die Türkei empfängt in Trabzon Südkorea. Das von Berti Vogts betreute Team aus Aserbaidschan bekommt es in Dubai mit Ungarn, Kasachstan in Antalya mit Weißrussland zu tun.