Interviewverbot für Schiedsrichter bei EM
Warschau (dpa) - Mit einem strikten Interviewverbot während der Fußball-Europameisterschaft will die UEFA die EM-Schiedsrichter um Wolfgang Stark öffentlich abschotten.
„Sie müssen sich auf das Turnier konzentrieren. Es ist den Schiedsrichtern während der EURO nicht erlaubt, Kontakte zu Medien zu haben oder Kommentare abzugeben“, sagte der UEFA-Schiedsrichterchef Pierluigi Collina in Warschau bei einem Workshop der zwölf Unparteiischen für die EM in Polen und der Ukraine. Das Turnier beginnt am 8. Juni.
Nach der Vorrunde werde es vermutlich einen sogenannten Medientag geben. „Aber zwischendurch dürfen die Schiedsrichter nicht sprechen“, stellte der frühere Weltklasse-Referee Collina klar. FIFA-Referee Stark begrüßte vor seinem ersten EM-Einsatz diese Maßnahme.
„Es ist immer ein zweischneidiges Schwert. Auf der einen Seite ist man schon froh, denn unsere Hauptaufgabe hier ist es, die Spiele zu leiten“, sagte der 42-Jährige, der bereits bei Olympia 2008 und der WM vor zwei Jahren den Deutschen Fußball-Bund vertrat. Der Druck auf ihn und seine EM-Kollegen werde „immens groß sein“, sagte Stark und betonte: „Das ist eine gute Idee für die Aktiven, dass man sich hier auf die Spiele, auf das Eigentliche konzentriert.“ Ein Medientag komme „beiden Seiten entgegen“, sagte der Bankkaufmann aus Landshut.
Bei der WM 2010 in Südafrika hatte der Weltverband FIFA nach der scharfen Kritik an den teilweise schwachen Leistungen der Unparteiischen einen Maulkorb verhängt. Die Medientage in Pretoria verkamen daraufhin zu einer Farce, weil sich die Schiedsrichter nicht zu Spielen oder Entscheidungen ihrer Kollegen äußern durften.
Erstmals bei einem großen Turnier werden bei der EM sogenannte Torrichter eingesetzt. Mit einem flammenden Appell verteidigte der Italiener Collina dieses System im Gegensatz zu der von der FIFA favorisierten Torlinientechnologie. „Ohne die zusätzlichen Schiedsrichterassistenten hätten wir viel mehr Fehlentscheidungen in Champions League und Europa League gehabt“, sagte Collina. Die Europäische Fußball-Union vertraut seit drei Jahren in der Europa- und seit zwei Jahren in der Champions League den Torrichtern.
Ansonsten gibt es für die zwölf Schiedsrichter, von denen nur der Engländer Howard Webb schon bei der EM vor vier Jahren in Österreich und der Schweiz pfiff, keine gravierenden Neuerungen oder spezielle Maßnahmen. Strenges Durchgreifen fordert die UEFA bei Rudelbildung oder Bedrängung des Referees durch die Spieler. „Hier wird es die eine oder andere Gelbe Karte mehr geben“, kündigte Collina an. Die UEFA-Schiedsrichterkommission werde alle 16 Mannschaften in ihren Teamquartieren besuchen und Spielern und Trainern eine DVD mit den wichtigsten Hinweisen für die Unparteiischen übergeben.
Für Stark und seine Kollegen beginnt das Turnier am 4. Juni, wenn sich alle zwölf Schiedsrichter-Teams im Hilton-Hotel in Warschau versammeln. In der polnischen Hauptstadt werden die Unparteiischen während des gesamten Turniers wohnen und in die jeweiligen Spielorte fliegen. Wann die erste und aus Altersgründen auch letzte EURO für Stark endet, hängt nicht zuletzt von den Leistungen der DFB-Elf ab.
„Wir müssen den Turnierverlauf abwarten. Natürlich drücke ich auch der deutschen Nationalmannschaft die Daumen“, sagte Stark und gab zu bedenken: „Es heißt ja nicht, wenn die deutsche Mannschaft in der Vorrunde ausscheidet, dass dann das deutsche Schiedsrichter-Team automatisch das Finale pfeift.“