Klinsmann cool vor Klassiker in Mexiko

Mexiko City (dpa) - Jürgen Klinsmann gab sich vor der Dienstreise in die mexikanische Fußball-Hölle betont gelassen.

Sämtliche Störfaktoren müssen ausgeblendet werden vor dem wichtigen WM-Qualifikationsspiel am Dienstag in Mexiko - auch die Kritik an Klinsmann selbst. „Wir haben viel Respekt, aber keine Angst“, betonte der deutsche Coach der US-Fußball-Nationalmannschaft floskelhaft. Auf die zahlreichen Vorwürfe der Vorwoche ging er nicht mehr groß ein. Zahlreiche Spieler, die anonym bleiben wollten, hatten ihm fehlende Substanz, mangelhafte Taktik-Kompetenz, fragwürdige Trainingsmethoden und eine Bevorzugung deutschstämmiger Profis vorgeworfen.

Den 1:0-Zittersieg am vergangenen Freitag bei der Schneeschlacht gegen Costa Rica wertete Klinsmann als Nervenberuhigungsspiel. Jetzt soll in Mexiko City nachgelegt werden. Dünne Höhenluft, lähmender Smog und ohrenbetäubender Lärm von bis zu 110 000 Zuschauern im Azteken-Stadion erwarten das US-Team - von Nachbarschaftshilfe keine Spur. „Die Atmosphäre dort wird sehr feindselig sein. Die Fans mögen uns einfach nicht“, sagte US-Profi DeMarcus Beasley.

Vor allem aus Klinsmanns persönlichen Mexiko-Bilanz sollen die Amerikaner Mut und Zuversicht schöpfen. Der Schwabe hat als Spieler und Trainer in sechs Partien noch nicht gegen „El Tri“ verloren. Mit der deutschen Nationalmannschaft erreichte er 1992 und 1993 in Testspielen ein 1:1 und ein 0:0. Im WM-Achtelfinale 1998 war es Klinsmann selbst, der mit seinem 47. und letzten Länderspieltor beim 2:1-Sieg das zwischenzeitliche 1:1 erzielte.

Bei seiner Premiere als US-Coach kam er im August 2011 zu einem 1:1, und im Vorjahr führte er seine Auswahl mit einem 1:0 im 20. Versuch sogar zum ersten Sieg in Mexiko überhaupt. „Ich habe noch nie so viele Reaktionen bekommen wie nach der Partie. Dieser Erfolg hat so vielen Leuten so viel bedeutet“, erinnerte sich Klinsmann.

Von seiner Wahlheimat in Südkalifornien bis zur mexikanischen Grenze sind es nur knapp zwei Autostunden. „Klinsi“ weiß, wie wichtig die Partie für die Fans beider Lager ist. „Egal ob Profitrainer, Jugendtrainer oder der einfache Fan - die Menschen leben und atmen die Rivalität zwischen Mexiko und den USA“, erklärte Klinsmann.

Es sei eine „großartige Rivalität“, die täglich wachse und allmählich durchaus mit der zwischen einigen europäischen Ländern oder auch Brasilien und Argentinien verglichen werden könne. Doch diesmal wird das Duell der beiden Schwergewichte im CONCACAF-Verband zu einer Art Krisengipfel. Die USA haben nach dem 1:2 in Honduras und dem Heimsieg im Schneetreiben gegen Costa Rica drei Punkte. Die Mexikaner stehen nur mit zwei Zählern da - viel zu wenig für die fußballverrückte Nation. Daheim gab's gegen Jamaika ein blamables 0:0 und am Freitag in Honduras trotz einer 2:0-Führung auch nur ein 2:2.

Klinsmann, der auf Schalkes Jermaine Jones wegen einer Sprunggelenks-Verletzung im linken Fuß verzichten muss, erwartet eine Partie auf Augenhöhe und setzt vor allem auf die psychologische Wirkung des 1:0-Siegs im Freundschaftsspiel am 15. August. „Die wissen jetzt, dass wir in ihre Arena kommen und alles geben werden“, so der 48-Jährige. „Wir werden nicht dort hinfahren und 90 Minuten lang verteidigen, absolut nicht.“

Um sich an die Höhe von rund 2200 Metern zu gewöhnen, hatte der US-Verband ganz bewusst für das Heimspiel gegen Costa Rica Denver ausgewählt. Denn die dortige Arena liegt nur 600 Meter tiefer als das Estadio Azteca.