Lange Aufgabenliste vor WM 2018 in Russland

Moskau (dpa) - Explodierende Kosten und schlechte Stimmung: Auf dem Weg zur ersten Fußball-Weltmeisterschaft in Osteuropa steht Gastgeber Russland vor dem Anpfiff im Juni 2018 noch vor Problemen.

Die milliardenschweren Vorbereitungen würden viele der elf Spielorte zwischen Kaliningrad (früher Königsberg) und Jekaterinburg in den Ruin treiben, warnt die Ratingagentur Standard & Poor's in einer Analyse. Vor allem die Infrastruktur genügt nicht den Ansprüchen des Weltverbands FIFA. Gut fünf Jahre vor Turnierbeginn kommt auch der Neubau vieler Stadien nur schleppend in Gang, warnen Experten.

Mit 22 Milliarden US-Dollar (16,9 Mrd. Euro) rechnet die Regierung in Moskau für das historische Ereignis. Das ist schon jetzt viel mehr als die 13,6 Milliarden US-Dollar, die Brasilien für die WM 2014 einplant - und nach Ansicht von Kommentatoren noch lange nicht alles.

Experten verweisen darauf, dass sich auch die Ausgaben für die Olympischen Winterspiele 2014 im Schwarzmeerort Sotschi bereits auf rund 50 Milliarden US-Dollar vervielfacht hätten. Realistischer scheint da die Kalkulation russischer WM-Spielorte selbst, wonach - inklusive Infrastruktur - etwa 43 Milliarden US-Dollar nötig sind.

Überschattet wird die Vorbereitung von einer derzeit allgemein schlechten Stimmung in der obersten Spielklasse. Spitzenclubs wie Zenit St. Petersburg und Spartak Moskau fordern eine lukrativere „Sowjetliga“ mit starken Teams wie Schachtjor Donezk und Dynamo Tiflis. Und die Stadt Krasnodar, immerhin mit zwei Vereinen in der Premier Liga vertreten, schrieb nach der Nichtberücksichtigung als WM-Spielort einen offenen Protestbrief an Kremlchef Wladimir Putin.

„Schade, dass es da so viele Nebengeräusche gibt“, sagt der deutsche Ex-Nationalspieler Kevin Kuranyi von Dynamo Moskau der dpa. „Andererseits: Diskussionen gehörten immer schon auch zum Fußball“.

Der Kreml verweist darauf, dass im Zuge der Großturniere etliche Arbeitsplätze geschaffen würden und Straßen, Bahngleise und Flughäfen endlich die dringend notwendige Renovierung erhielten. Doch gerade im russischen Bausektor erreicht die ohnehin notorische Korruption im Riesenreich Spitzenwerte, wie Standard & Poor's bemerkt.

Das zeigt sich etwa am hypermodernen neuen Stadion in St. Petersburg, das mit rund einer Milliarde Euro Baukosten wohl eine der teuersten Arenen weltweit wird. Eingeplant waren ursprünglich knapp 200 Millionen Euro. Auch das Stadion in der Wolgastadt Samara wird voraussichtlich doppelt so teuer wie eingangs angedacht. Dort will Gouverneur Nikolai Merkuschkin am liebsten ein Stadiondach in Form eines Juwels umsetzen, einen Entwurf deutscher Stararchitekten.

Probleme würden auch ein langsames Wirtschaftswachstum sowie hohe Materialkosten verursachen, analysiert Standard & Poor's. „Der aktuell schlechte Zustand der kommunalen Infrastruktur in den Austragungsstädten bedeutet, dass diese an den Spielstätten wohl niedriger sein wird als in der Vergangenheit“, warnen die Experten.

„Natürlich muss man Abstriche machen im Vergleich zum Beispiel mit Deutschland“, sagt Ex-Bundesligaprofi Frank Greiner, Co-Trainer im WM-Spielort Saransk. „Aber hier ist eine riesige Aufbruchstimmung, die WM wird sicher ein Erfolg“, sagt der frühere Wolfsburger der dpa.

In Moskau gehen Insider längst davon aus, dass der Kreml - wie schon bei Sotschi - Oligarchen in die Pflicht nehmen wird, um Hotels und Stadien mitzufinanzieren. Letztendlich werde Putin das Prestigeprojekt der ersten Fußball-WM im Riesenreich nicht von den Geldnöten einiger Kommunen abhängig machen, meinen sie. Genug Rücklagen hat der Rohstoffgigant Russland jedenfalls gebildet.