Nach Prügelattacke: Tod eines Fans schockt Schweden

Helsingborg (dpa) - Der Tod eines vierfachen Vaters hat im schwedischen Fußball eine Debatte um Fan-Gewalt ausgelöst. Die Polizei nahm nach dem blutigen Vorfall am Rande des Saisonstarts der Eliteklasse Allsvenskan einen Verdächtigen fest.

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„Wir ermitteln wegen Totschlags“, sagte eine Ermittlerin der Tageszeitung „Dagens Nyheter“. Bei Ausschreitungen am Rande Partie zwischen Helsingborg und Djurgarden Stockholm am Sonntag hatte ein 43 Jahre alter Djurgarden-Fan Kopfverletzungen erlitten, an denen er später im Krankenhaus gestorben war.

Die genaueren Umstände seines Todes waren am Montag zunächst noch ungeklärt. Die Vereine, Schwedens Verband und Fan-Organisationen zeigten sich entsetzt von der Gewalttat. „Wir sind tief bestürzt über diesen Vorfall. Dass es Leuten möglich ist, den Fußball und die Menschen, die den Fußball lieben, mit Füßen zu treten“, sagte Nationaltrainer Erik Hamren.

Der Verdächtige sei noch am Abend verhört, zunächst aber wieder auf freien Fuß gesetzt worden. „Im Moment sieht es nach einem Einzeltäter aus“, hieß es. Eine Zeugin hatte der Zeitung „Aftonbladet“ dagegen von drei Tätern berichtet, die den 43-Jährigen „völlig unprovoziert“ mit einer Flasche geschlagen, getreten und verprügelt hätten. Das Opfer werde nun obduziert, erklärte die Polizei.

Sofort wurde der Ruf nach Maßnahmen laut. Sportministerin Lena Adelsohn Liljeroth sagte im schwedischen Fernsehen, Fußball-Gästefans könnten in Zukunft von Auswärtsspielen ausgeschlossen werden, wie es schon in der schwedischen Eishockey-Liga der Fall sei. „Als letzten Ausweg könnten wir Stehtribünen verbannen, aber das wäre wirklich ein Dämpfer“, erklärte die Spitzenpolitikerin.

Die Partie in Helsingborg war in der 41. Minute abgebrochen worden. Djurgarden-Anhänger hatten auf den Tribünen „Mörder, Mörder“ skandiert und versucht, den Rasen zu stürmen, nachdem sie vom Tod des Fans erfahren hatten. „Dies hier wird den schwedischen Fußball noch lange beschäftigen“, sagte Ewa-Gun Westford von der Polizei in Schonen.

„Das war ein ganz normaler Fan, der zum Fußball gehen wollte, und unter sehr unglücklichen und tragischen Umständen Opfer eines Übergriffs wurde, der ihn das Leben gekostet hat“, sagte Mats Enquist von der Interessenvertretung der schwedischen Profi-Clubs, SEF. „So weit wir wissen, hat sich der Vorfall außerhalb der organisierten Fan-Reihen ereignet.“ Auch der schwedische Fußballverband und der Fanverband SFSU verurteilten die „sinnlose Gewalt“.

Das Hooligan-Problem ist für den schwedischen Fußball nicht neu. Der von der Regierung beauftragte Ermittler Björn Eriksson kritisierte das langsame Tempo der Gesetzgebung. Er hatte im letzten Jahr Maßnahmen präsentiert, um Hooligan-Gewalt im Fußball zu stoppen. Eriksson spricht sich unter anderem dafür aus, dass Fans nicht vermummt sein dürfen - und verurteilte Hooligans von einer Zone um das Stadium herum ausgeschlossen werden. Momentan können sie nur am Betreten der Arena gehindert werden.

Für die Gewalttat vom Sonntag suchen die Ermittler fieberhaft nach weiteren Zeugen. Schon Dutzende Menschen wurden in der Sache vernommen. „Wir brauchen wirklich Zeugen“, sagte eine Polizeisprecherin am Montag.

Als Reaktion auf den Tod des Fans am Sonntag schrieb der Verein Djurgarden IF noch am Abend auf seinen Internetseiten: „Die Djurgarden-Familie trauert. Wir können nicht mit Worten beschreiben, was wir gerade fühlen.“ Helsingborg-Fans riefen unter dem Hashtag #DetRackerNu („Jetzt reicht's!“) über soziale Medien zu einer Kundgebung gegen Fan-Gewalt am Montagabend auf.

An der alten Heimstätte des Hauptstadt-Clubs Djurgarden IF in Stockholm hingen Fans über Nacht Trikots und Schals ihres Vereins an einen Zaun, um an das Opfer zu erinnern. Spieler und Offizielle des Clubs besuchten die Stelle nach ihrer Rückkehr nach Stockholm am Montag. Die Lokalrivalen AIK planten vor ihrem Spiel gegen IFK Gothenburg am Abend in Solna eine Schweigeminute.