Syriens Nationalelf in Bürgerkriegszeiten erfolgreich
Damaskus (dpa) - Einen Grund zur Freude haben die meisten Syrer schon seit langem nicht mehr. Der Bürgerkrieg hat mehr als 250 000 Menschen getötet. Ganze Städte liegen in Schutt und Asche. Täglich fallen Bomben.
Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) beherrscht weite Teile des Landes.
Eine Leidenschaft aber haben viele Syrer bis heute nicht aufgegeben: den Fußball. Und auch die Nationalelf spielt trotz allem weiter. Im Duell gegen das ebenfalls von Krieg und Terror geplagte Afghanistan feierte Syrien am Dienstagabend einen 5:2-Erfolg in der Qualifikation zur WM und Asienmeisterschaft.
Verfolgen können die syrischen Fans die Partien ihrer Elf jedoch nur über Satellitenfernsehen. Wegen des Bürgerkriegs trägt Syrien seine Heimspiele“ im Exil aus, gegen Afghanistan vor ziemlich leeren Rängen in der omanischen Hauptstadt Maskat. Trotzdem jubeln die Anhänger in Syrien mit ihrem Team, so wie Abu Ala aus der Hauptstadt Damaskus. „Solche Partien lassen uns das tägliche Elend vergessen“, sagt er. „Das ist das einzige Vergnügen, das wir noch haben.“
Bislang lief die Qualifikation für Syrien erfolgreich, dabei zählt die Nummer 123 der FIFA-Weltrangliste unter den Teams in der fußballverrückten arabischen Welt eigentlich zu den kleinen Namen. Der Nachbar Irak etwa hat wesentlich größere Erfolge vorzuweisen. Nach fünf Spielen aber steht die syrische Elf auf Platz eins ihrer Gruppe - zwei Punkte vor dem großen Gruppenfavoriten Japan, der allerdings eine Partie weniger gespielt hat.
Siege sind für die Nationalelf keine Selbstverständlichkeit, denn ein normaler Fußballbetrieb ist in Syrien kaum noch möglich. Zwar lief die nationale Liga, die syrische Premier League, in den vergangenen Jahren trotz des Bürgerkriegs weiter. Allerdings wurden alle Spiele nur noch in Damaskus und der Küstenstadt Latakia ausgetragen, die beide von Anhängern des Regimes kontrolliert werden.
Viele Nationalspieler sind mittlerweile bei Clubs im Ausland unter Vertrag. Sie spielen im Irak oder in anderen arabischen Ländern. Nationalstürmer Sanharib Malki kickt für den Istanbuler Erstligisten Kasimpasa in der türkischen Süper Lig. Rund 200 syrische Fußballer haben nach einigen Schätzungen das Land seit Beginn des Bürgerkriegs 2011 verlassen. Andere sollen sich den Rebellen angeschlossen haben.
Wie sehr der blutige Konflikt den Fußball dominiert, zeigt auch der Fall des Nationaltorhüters Musab Balhus. 2011 nahmen ihn syrische Sicherheitskräfte fest, weil er bewaffneten Gruppen Unterschlupf gewährt haben soll. Mittlerweile aber gehört der 32-Jährige wieder zum Aufgebot der Nationalelf. Gegen Afghanistan saß er auf der Bank.
Bejubelt werden die Nationalspieler allerdings fast nur von Fans, die Syriens Präsidenten Baschar al-Assad unterstützen. Ein Sympathisant der Opposition sagt: „Die Nationalmannschaft ist ein Vertreter des Assad-Regimes.“ Über Siege des Teams freue er sich nicht mehr.
Nationalelf, Fußballverband, die Vereine - alle sind in Syrien fest in der Hand der Regierung. Viele Stadien würden mittlerweile nicht mehr für Fußball, sondern vom Militär genutzt, heißt es von Seiten der Regimegegner. Auch deshalb hat die Opposition vom Weltverband FIFA gefordert, die Nationalelf von der WM-Qualifikation auszuschließen - bislang erfolglos.