"Kobra" Wegmann: Zuerst kein Glück gehabt, dann kam Pech hinzu

Jürgen „Kobra“ Wegmann war ein erfolgreicher Stürmer. Doch er fühlt sich um die angemessene Anerkennung betrogen.

Essen. Jürgen Wegmann ist eine tragische Figur — führt man sich einmal die schillerndsten Momente seiner Fußballer-Karriere vor Augen.

Pfingsten 1986: Wegmann steht mit Borussia Dortmund in der Abstiegsrelegation gegen Fortuna Köln. Die Kölner haben das Hinspiel 2:0 gewonnen. Der BVB muss einen Zwei-Tore-Rückstand aufholen. Doch zur Pause führt Fortuna mit 1:0 und Jürgen Wegmann wird von den BVB-Fans beschimpft und ausgepfiffen. Vor dem Spiel war herausgekommen, dass Wegmann wechselt - zum FC Schalke 04! Dortmund startet die Aufholjagd, und natürlich ist es Wegmann der in der 90. Minute das 3:1 erzielt. Das Entscheidungsspiel gewinnt der BVB 8:0, bleibt erstklassig.

1987 streckt HSV-Torwart Uli Stein im Spiel um den DFB-Supercup den Mann, der von sich behauptete vor dem Tor „giftiger zu sein als jede Giftschlange“ und den deswegen alle nur „Kobra“ nannten, nach seinem zweiten Tor mit einem Faustschlag nieder. Wegmann nimmt es gelassen: „Es war nichts Persönliches.“

Mit einem herrlichen Fallrückzieher — den Kobra nach eigenen Angaben den Kung-Fu-Künsten von Bruce Lee nachempfand — erzielt Wegmann, nun im Trikot des FC Bayern, das Tor des Jahres 1988. Aber was ihn bis heute wurmt: Die Bayern-Fans wählen den Treffer 2003 nicht zum Jahrhunderttor. Den Titel gewinnt ein gewisser Gerd Müller. Ein Skandal, findet Wegmann. „Man hat mir das Jahrhunderttor gestohlen“, sagte er 2013 der Bild-Zeitung.

69 Tore in 203 Bundesligaspielen und 34 Tore in 77 Spielen der 2. Liga hat er erzielt. Einmal, 1989, war er mit den Bayern Meister. Als er 1995 wegen eines Kreuzbandrisses bei Mainz 05 seine Karriere beenden muss, bleibt nicht viel.

Es folgt der Absturz. Die Ehe scheitert, der BVB wirft ihn als Fanshop-Mitarbeiter wegen Unzuverlässigkeit raus, RW Essen kündigt wegen rückständiger Beitragszahlungen seine Mitgliedschaft. Am Tiefpunkt hilft ihm Uli Hoeneß. Der damalige Bayern-Manager bringt Wegmann als Mitarbeiter im Bayern-Fanshop im Centro Oberhausen unter. Nach fast fünf Jahren ist auch da Schluss. Er wolle nun Privatdetektiv werden, einer „wie Columbo“, und dann den Tod von Bruce Lee untersuchen, erklärt Wegmann der Boulevardpresse. Wie ernst das gemeint war, weiß wohl nur die Kobra selbst.

Heute lebt Jürgen Wegmann in seiner Heimat Essen — von Berufsunfähigkeitsrente und Hartz IV. Die Überschrift für seine Geschichte hat Wegmann, der am vergangenen Montag 50 Jahre alt wurde, selbst nach einem Spiel geliefert: „Zuerst hatten wir kein Glück, und dann kam auch noch Pech dazu.“