So viele Tore wie möglich! Löw-Team will Spaß gegen Fußballzwerg San Marino
Rimini (dpa) - 16:0? 13:0? Vor dem ungleichen Duell mit den Amateuren aus San Marino sind Joachim Löw der schon 104 Jahre alte deutsche Torrekord und seine eigene Bestmarke als Bundestrainer total egal.
Dennoch fordert der DFB-Chefcoach bei der Rückkehr nach Serravalle eine gnadenlos dominante Leistung - ungeachtet des Ausfalls von fast einem halben Dutzend Weltmeistern.
„Jetzt einfach so den Torrekord zu brechen, ist nicht das Ziel. Das Ziel ist, Konzentration, keine Arroganz zeigen, den Spielplan durchziehen und ein gutes Ergebnis mit nach Hause zu nehmen“, sagte Löw vor der letzten WM-Qualifikationspartie der deutschen Fußball-Nationalmannschaft in diesem Jahr am Freitag in San Marino.
Auch Sami Khedira, potenzieller Ersatzkapitän für den erkrankten Torwart Manuel Neuer, wollte sich vor der Partie in der Provinzarena von Serravalle mit dem klangvollen Namen Stadio Olimpico nicht mit Zahlenspielen aufhalten. „Wir nehmen jetzt nicht eine Rekordjagd auf. Dass wir gewinnen wollen, darüber müssen wir nicht reden. Wir wollen so viele Tore erzielen wie möglich, mit Respekt vor dem Gegner“, sagte der Juventus-Profi bei der Pressekonferenz in einem Strandhotel in Rimini. „Fußball macht nur Spaß, wenn man gut spielt und wenn man gewinnt“, beschrieb Khedira die Stimmung im Team.
Mit 13:0 hatte die DFB-Auswahl am 6. September 2006 bei der ersten Auslandsreise mit Löw als Cheftrainer in San Marino gewonnen. Höher siegte man unter dem Weltmeister-Coach noch nie. „Diese Zeiten sind vorbei. Beim 13:0 war jeder Schuss ein Treffer“, erinnerte sich Löw an den Abend vor gut zehn Jahren, als sein neuer Trainerlehrling Miroslav Klose zwei Tore erzielte. Nur einmal schoss eine deutsche Mannschaft überhaupt mehr Treffer: Das 16:0 der Olympia-Auswahl bei den Spielen 1912 in Stockholm ist bis heute unerreicht.
Nach den Ausfällen von Neuer sowie der Weltmeister-Kollegen Toni Kroos (Fuß), Jérôme Boateng (Knie) Julian Draxler (Adduktoren) und der langfristig geplanten Schonung von Mesut Özil muss Löw sein mit drei Siegen perfekt in die Ausscheidungsrunde für die WM in Russland 2018 gestartetes Team umbauen. Im Tor wird gegen den auf Rang 201 der Weltrangliste abgestürzten Kontrahenten Marc-André ter Stegen vom FC Barcelona stehen. Beim Abschlusstraining erlebte der Schlussmann einen unliebsamen Vorgeschmack auf das erwartete ungemütliche Wetter am Spielabend und wurde wie Kollegen Bernd Leno von einem Rasensprenger kalt erwischt.
Die Neulinge Yannick Gerhardt (22/Wolfsburg), Benjamin Henrichs (19/Leverkusen) und Serge Gnabry (21/Bremen) sowie der Schalker Leon Goretzka (21) sollen mindestens einen Einsatz entweder gegen San Marino oder vier Tage später im Test gegen Italien erhalten. „Für ihr Alter sind sie sehr, sehr weit“, lobte der DFB-Chefcoach das Quartett stellvertretend für die nächste Generation, die er gezielt auf die große Aufgabe WM-Titelverteidigung in 19 Monaten hinführen will.
Bei der Partie in Mailand am Dienstag kann Löw auch durch sein Jugendprogramm den viel belasteten Khedira wie vorgesehen schonen. „An diesem Plan hat sich nichts geändert“, verriet der Profi. Im Tor wird dann im Giuseppe-Meazza-Stadion der Leverkusener Leno stehen, kündigte der Bundestrainer an. Alle 21 Spieler des Kaders sollen zum Jahresabschluss mindestens einmal zum Einsatz kommen, sagte Löw. Bei der letzten Übungseinheit im Stadio di Santamonica di Misano Adriatico waren alle Spieler am Donnerstagabend dabei.
Motivationsprobleme kann Mats Hummels vor der Partie in San Marino vor voraussichtlich nur wenigen tausend Zuschauern nicht erkennen. „Wir Spieler freuen uns immer auf die Qualifikationsspiele. Es ist nicht der namhafteste Gegner, aber wir spielen gerne Fußball und wir hoffen, dass es ein klarer Sieg wird“, sagte der Verteidiger des FC Bayern München. Er widersprach damit auch Bayern-Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge, der am vergangenen Wochenende den Sinn entsprechender Partien erneut infrage gestellt hatte.
„Wir wollen die sehr zufriedenstellende Qualifikation für uns für dieses Jahr krönen“, sagte Hummels im Lokalstadion von Misano nahe Rimini, wo die DFB-Auswahl ihre nur zwei Trainingseinheiten bestritt. Deutschland geht mit der makellosen Bilanz von drei Siegen und 8:0 Toren als souveräner Spitzenreiter der Gruppe C in die Partie.
Vier Siege in den ersten vier Spielen auf dem Weg zu einer WM sind der DFB-Elf unter Löw noch nicht gelungen. Ohne Gegentor in den ersten vier Partien blieb Deutschland seit der ersten Teilnahme 1934 noch nie. Wie zuvor schon Löw warnte auch Verteidiger Benedikt Höwedes vor jeder Form von Schlendrian gegen die Amateure aus dem Ministaat mit nur 31 000 Einwohnern. „Die Jungs sind sicher in Italien ordentlich ausgebildet worden, auch wenn sie keine Vollprofis sind. Es wird keine Dorfmannschaft sein.“
Voraussichtliche Aufstellungen:
San Marino: Aldo Simoncini (AC Libertas/30 Jahre/51 Länderspiele) - D'Addario (US Pianese/19/0), Davide Simoncini (AC Libertas/30/44), Fabio Vitaioli (SS Murata/32/43), Palazzi (SP Tre Penne/29/27) - Filippo Berardi (FC Turin/19/1), Cervellini (SS Pennarossa/28/28), Tosi (Sant'Ermete Calcio/24/12), Domeniconi (Sammaurese Calcio/32/16), Della Valle (AC Juvenes/Dogana/34/61) - Stefanelli (Sporting Novafeltria/23/9)
Deutschland: ter Stegen (FC Barcelona/24/7) - Höwedes (Schalke 04/28/42), Hummels (Bayern München/27/53) - Kimmich (Bayern München/21/9), Khedira (Juventus Turin/29/68), Hector (1. FC Köln/26/23) - Müller (Bayern München/27/81), Gündogan (Manchester City/26/18), Götze (Borussia Dortmund/24/60), Gnabry (Werder Bremen/21/0) - Gomez (VfL Wolfsburg/31/68)
Schiedsrichter: Kuchin (Kasachstan)