Freundschaftsspiel Löw und Klinsmann: Freundschaft unter Alphatieren
Deutschland gegen die USA, Löw gegen Klinsmann. Die Gegner in Köln prägt noch heute ihre gemeinsame Vergangenheit.
Köln. Wenn man sich erinnert, wie Jürgen Klinsmann 2004 beim DFB alle Steine aus dem Weg geredet hat, dann weiß man, wie kraftvoll dieser amerikanisierte Schwabe daherkommen kann. Am Dienstag, als der US-Fußballtrainer zusammen mit dem deutschen Bundestrainer Joachim Löw am Tag vor dem Vergleich am Mittwoch in Köln (20.45 Uhr/ARD) vor die Presse trat, verstärkte sich dieser Eindruck.
Angesprochen auf die Entwicklungen beim Weltverband Fifa legte Klinsmann jede Zurückhaltung ab: „Die Welt hat den intensiven Wunsch, dass da endlich aufgeräumt wird, es müssen wirklich alle zur Rechenschaft gezogen werden, die für die korrupten Verhältnisse gesorgt haben“, sagte er. Und gab seinen Eindruck aus 18 Jahren Kalifornien zum Besten: „Meine Erfahrung mit den US-Behörden ist die: Wenn die mal reingehen, dann machen sie auch nicht Schluss. Das wird eine richtige Lawine für uns alle.“
Joachim Löw sagte nichts Ähnliches, aber im Verborgenen wird er zugestimmt haben. Klinsmann und Löw sind selten weit entfernt, räumlich zwischen ihren Wohnorten Huntington Beach und Wittnau gewiss, aber mental ist das eine Ebene. Auch deshalb dieser Auftritt, farbenfroh, gut gelaunt, gereift — und stets geprägt von erkennbar gegenseitiger Hochachtung.
Hier, in diesem Autohaus in Köln sitzt ein Duo, das getrost behaupten kann, den DFB in eine neue Ära geführt zu haben. Und als das zweijährige „Projekt“, wie Klinsmann es immer noch nennt, nach der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland mit dem Teamchef Klinsmann und dem Trainer Löw beendet war, zog es Klinsmann wieder in die USA. Und Löw machte einfach weiter. „Wir haben diese Entwicklung mit dem WM-Titel 2014 rund gemacht“, sagte Löw. Und schob hinterher: „Ohne diese von Jürgen angestoßenen Veränderungen hätte man nicht diese erfolgreiche Phase haben können.“ Deshalb habe auch Klinsmann „sehr großen Anteil am Titel“. Klinsmann lächelte.
Es wurde tatsächlich eine Angelegenheit, in der sich zwei gegenseitig aufs Podest hoben, ohne dass die Zuhörerschaft Anstoß daran fand. Weil Löw seit einer Dekade unbestritten erfolgreich arbeitet. Und weil Klinsmann das US-Team, das sich mit seinem Sport „hinter American Football, Baseball, Basketball und Eishockey“ einreihen muss, mehr und mehr auf Augenhöhe schraubt: 2011 angefangen, 2012 Rekord-Siegesserie, 2013 den Gold-Cup gewonnen und 2014 ins WM-Achtelfinale eingezogen — das lässt sich sehen. Löw betonte auffällig die taktische Qualität des US-Teams — wohl auch, weil Taktik immer ihm, Löw, und nie Klinsmann zugeschrieben worden war.
Und „Deutschland-Fan“ Klinsmann bejubelte die Qualität der DFB-Elf: „Wenn es darum geht, sein eigenes Umfeld zu verbessern, schaut heute alle Welt auf Deutschland.“ Der eine war Wegbereiter, „der seinen Weg gegen jeden Widerstand geht“ (Löw über Klinsmann), der andere habe „schon 2004 in 30 Sekunden perfekt das Verschieben in der Viererkette erklären können“ (Klinsmann über Löw). Daraus ergebe sich eine „gelassene Bewunderung“ füreinander. Für ein gemeinsames Mittagessen reichte das nicht, Klinsmann trat die Rückfahrt ins Hotel Interconti nach Düsseldorf ins US-Quartier an: „Wir mussten nach Düsseldorf, weil in Köln wegen der Messe kein Platz war.“
Nicht zuerst deshalb kann sich Klinsmann eine Rückkehr zum DFB nicht mehr vorstellen. „Dazu bin ich zu sehr Amerikaner, das soll auch in Zukunft unser Lebensmittelpunkt bleiben“, sagte er, der schon diverse Angebote von europäischen Großclubs abgelehnt hatte. Nur eines hat der Bäckersohn aus Geislingen bis heute nicht abgelegt: „Als ich das WM-Finale gegen Argentinien in Kalifornien auf der Riesenleinwand gesehen habe, war ich aufgeregter als Jogi Löw am Spielfeldrand. Das wird immer so bleiben.“