0:0 gegen Peru Messis bitterer Abend in der „Bombonera“ - WM-Aus droht

Buenos Aires (dpa) - Lionel Messi faltete die Hände und betete zum Himmel. Aber der Fußballgott hatte kein Erbarmen, der Ball wollte einfach nicht rein.

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Einmal scheiterte der fünffache Weltfußballer am Pfosten (46.), dann vereitelte Perus Torwart Pedro Gallese mit einer Reihe von Glanzparaden das erhoffte Tor der „Gauchos“. Nach dem 0:0 gegen den direkten Konkurrenten in Buenos Aires droht dem zweifachen Weltmeister Argentinien bei der WM in Russland die Zuschauerrolle.

Denn die „Albiceleste“ wäre als Sechster - Stand jetzt - nicht dabei. Peru, das mit jungen, talentierten Spielern das Überraschungsteam in der WM-Qualifikation ist, hat wie Argentinien 25 Punkte, aber das bessere Torverhältnis. Die „Inkas“ können durch einen Heimsieg gegen Kolumbien erstmals seit 1982 wieder an einer Fußball-WM teilnehmen.

Ein ganzes Land hatte dem Spiel entgegengefiebert. Auf Wunsch des neuen Nationaltrainers Jorge Sampaoli, im Mai für rund 1,5 Millionen Euro vom FC Sevilla losgeeist, war das Spiel in die berüchtigte „Bombonera“ („Pralinenschachtel“) verlegt worden. Das Stadion der Boca Juniors erzeugt durch seine Enge und die steilen Ränge eine besondere Atmosphäre. Eigentlich sollte das Spiel im weitläufigen River-Plate-Stadion stattfinden, Spielort des WM-Finales 1978.

Aber Argentinien schießt kaum Tore: Ganze 16 in bisher 17 Spielen. „Mein Gott, er geht nicht rein“, titelte die Sportzeitung „Olé“. Nach einer maßgeschneiderten Flanke von Messi kurz vor der Halbzeit brauchte Darío Benedetto nur noch den Ball einzunicken, doch er schaffte es, ihn über die Latte zu köpfen. „Uns hat nicht Messi gerettet, nicht Benedetto und auch nicht die „Bombonera“, so „Olé“.

Zu allem Ärger zog auch noch Dauerrivale Chile durch ein 2:1 gegen Ecuador vorbei. „Die Mannschaft ist wütend, aber wenn wir in Ecuador gewinnen, fahren wir zur Weltmeisterschaft“, sagte Nationaltrainer Jorge Sampaoli trotzig. „Wir haben heute einen kämpferischen Messi gesehen, mit einem Gesicht, das Argentinien braucht“, so Sampaoli. Sampaolis Bilanz ist bisher mau: drei Unentschieden in drei Spielen.

Argentinien (6./25 Punkte) kann am letzten Spieltag am Dienstag durch einen Sieg in Ecuador aber noch mindestens Fünfter werden, da Peru (5./25 Punkte) und Kolumbien (4./26 Punkte) gegeneinander spielen.

Zudem hat Chile (3./26 Punkte) mit Arturo Vidal vom FC Bayern München in Brasilien eine sehr schwere Aufgabe. Die ersten Vier lösen das Russland-2018-Ticket direkt, der Fünfte kann dies über den Umweg eines Hin- und Rückspiels gegen Ozeanienvertreter Neuseeland tun.

In der Südamerika-Qualifikation kommt es zu einem der spannendsten letzten Spieltage seit langem. Am Ende könnten statt Confedcup-Finalist Chile und Argentinien die Underdogs aus Peru und Paraguay nach Russland fahren: Brasilien mit Neymar ist schon lange qualifiziert. Uruguay (28) ist Zweiter und wegen der guten Tordifferenz praktisch auch sicher qualifiziert.

Plötzlich hat aber auch Paraguay (7./24 Punkte) durch ein 2:1 in Kolumbien noch WM-Chancen, zumal es am letzten Spieltag mit einem Heimspiel gegen den Letzten Venezuela die leichteste Aufgabe gibt.

Argentiniens Bilanz von bisher sechs Siegen, sieben Unentschieden und vier Niederlagen ist mäßig, es fehlt der Mannschaft in der Breite an Weltklasse - zu wenig Talente schafften zuletzt den Durchbruch.

An der Atmosphäre vor rund 50 000 Zuschauern lag es nicht. Die Fans rollten eine riesige Fahne aus, um Messi zu huldigen, darauf stand: „Homenaje al mejor jugador del siglo“ - eine „Hommage an den besten Spieler des Jahrhunderts“. Peru hatte vergeblich gegen die Verlegung in die „Bombonera“ protestiert - die Mannschaft brachte sogar eigenes Wasser mit nach Buenos Aires, weil man den Argentiniern nicht traute.

Als Glücksbringer dabei war auch Oswaldo „Cachito“ Ramírez, der 1969 in der „Bombonera“ beim 2:2 in der damaligen WM-Qualifikation beide Treffer für Peru geschossen hatte. Dadurch verpasste Argentinien damals erstmals eine Fußball-Weltmeisterschaft. Nun könnte sich die Geschichte knapp 50 Jahre später wiederholen und Messis womöglich letzte WM-Titel-Chance schon in der Qualifikation scheitern. Er ist immerhin schon 30. Rauf und runter wird seit Tagen diskutiert, ob es nicht schlicht zu wenig sei, sich immer nur auf Messi zu verlassen.

Der Psychologe Marcelo Roffé meint: „Wir verlangen Dinge von Messi, die er nicht ist. Er redet mit dem Ball, aber nicht mit dem Mund oder mit Gesten auf dem Platz.“ Man dürfe ihn nicht ständig zum „Retter Argentiniens“ stilisieren. „Wir liegen falsch, wenn wir ihn als einen neuen Diego Maradona sehen“, betont der Psychologe. Trotzdem setzt das Land darauf, dass er Argentinien jetzt noch einmal rettet.