MSV-Sportdirektor im Interview Ivo Grlic: „Ich putze täglich Klinken"

Duisburg · MSV-Sportdirektor Ivo Grlic muss nach dem knapp verpassten Aufstieg in die 2. Bundesliga mindestens eine weitere Saison Drittklassigkeit planen.

Der Sportdirektor des MSV Duisburg, Ivo Grlic, am Rande eines Spiel seines Vereins im Dezember 2018 in der Arena in Duisburg.

Foto: Revierfoto

Lange Zeit sah es so aus, als könne der MSV Duisburg in die 2. Liga zurückkehren. Am Ende jedoch ging den „Zebras“ die Puste aus und so muss Sportdirektor Ivo Grlic nun in einer Zeit vieler Unwägbarkeiten mindestens eine weitere Saison Drittklassigkeit planen. Per Video-Konferenz stand der 44-jährige in München geborene Bosnier den Medien für ein Gespräch zur Verfügung.

Frage: Herr Grlic, wann war bei Ihnen die Enttäuschung über den verpassten Aufstieg überwunden?

Ivo Grlic: Ehrlich gesagt hat das schon etwas länger gedauert. Wir waren über einen langen Zeitraum Tabellenführer und haben dabei schönen und auch erfolgreichen Fußball geboten. Zu Beginn der Rückrunde gab es einen leichten Leistungs-Knick und dann kam die Corona-Pause.

Mittelfeld-Motor Yassin Ben-Balla geht seinen Weg bei Eintracht Braunschweig weiter, aber den Vertrag mit Innenverteidiger Lukas Boeder hat der MSV von sich aus nicht verlängert. Warum?

Grlic: Weil wir auf dieser Position das Anforderungsprofil verändern wollten. Da ist es legitim, wenn auch ein Verein mal sagt „wir suchen etwas anderes“ und dies nicht immer nur die Spieler tun. Wir haben dort nun Dominic Volkmer aus Jena. Er ist mit 1,94 Meter zehn Zentimeter größer als Lukas. Zwar ist er mit 24 Jahren noch jung, mit 98 Drittliga-Spielen aber auch schon erfahren.

Warum haben Sie das Anforderungsprofil für die Innenverteidigung verändert?

Grlic: Die Analyse der Saison 2019/20 hat unter anderem ergeben, dass wir zu viele einfache Gegentreffer bekommen haben. Wir müssen vor dem eigenen Tor aggressiver und kopfballstärker werden.

Für welche Positionen suchen Sie noch?

Grlic: Wir fahnden noch nach einem neuen „Sechser“ und eventuell einem rechten Außenverteidiger. Kandidaten hatten wir schon vor der Corona-Pause gesichtet, nach dieser haben wie sie per Video weiter analysiert.

Der MSV hat die Zusammenarbeit mit Darius Scholtysik beendet ...

Grlic: Klar, er und unser Cheftrainer Torsten Lieberknecht haben zwölf Jahre lang zusammen gearbeitet. Aber ich entscheide hier nicht alleine über Dinge, sondern immer in Absprache. Torsten war in die Idee eingebunden, etwas neues zu machen und sie wurde auch mit Darius stets offen sowie vor allem ehrlich kommuniziert.

Schlussendlich war es aber wohl eine finanzielle Frage. Mit wieviel Geld können Sie denn für die nächste Saison überhaupt planen?

Grlic: Aktuell ist es schwer, einen Etat zu beziffern. Wir wissen ja zum Beispiel noch gar nicht, ob wenn ja wann und wie viele Zuschauer ins Stadion dürfen. Insgesamt ist das Budget natürlich gekürzt worden, was meine Aufgabe nicht erleichtert. Ich putze täglich Klinken, um mehr heraus zu holen. Es muss uns gelingen, einen Etat auf die Beine zu stellen, mit dem wir unsere Ziele wie in der vergangenen Saison benennen können. In dieser Hinsicht geht mein Dank schon jetzt an alle Gönner und Sponsoren des MSV.

Was sind die angesprochenen Ziele?

Grlic: Wir wollen oben mitmischen und versuchen aufzusteigen. Das wollen allerdings zehn bis zwölf andere Vereine auch. Wichtig ist, mit ehrlichem Fußball die Fans und unsere Sponsoren mitzunehmen. Wir sind eben ein Aus- und Weiterbildungsverein. Um in der Liga eine gute Rolle spielen zu können, ist das Personal sicher vorhanden. Doch es wird eine strapaziöse Saison ohne Winterpause und von daher mit nur wenig Regeneration. Dazu braucht es eigentlich einen größeren Kader, doch der ist mit unserem Budget nicht zu stemmen. Wenn wir mehr Akteure holen würden, dann ginge diese Breite im Kader zu Lasten seiner Qualität an der Spitze.

Zum Schluss: Wie viele Fans dürfen sich denn im Stadion freuen, dem großen Nachbarn Borussia Dortmund in der ersten Runde des DFB-Pokals ein Bein zu stellen?

Grlic: Wir entwickeln in einer Arbeitsgruppe sowie im Austausch mit den relevanten Behörden der Stadt ein Konzept, welches die Hygiene-Vorschriften erfüllt. Vielleicht können damit dann 10 000 Besucher ins Stadion, aber seriös lässt sich dies derzeit nicht sagen. Sportlich gibt es natürlich kaum noch ein schwereres Los. Wir sind ganz krasser Außenseiter, für eine Chance muss schon sehr viel passen. Wir können nur alles geben.