Ohne Traumelf: Bierhoff will Siege zum Jahresabschluss

Berlin (dpa) - Genug gefeiert - nach dem glamourösen WM-Revival in Berlin sollen die Titelhelden wieder Höchstleistungen auf dem Rasen zeigen und das WM-Jahr siegreich vollenden.

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„Es ist für uns wichtig, dass wir drei Punkte gegen Gibraltar einfahren und die Partie gegen Spanien, was ein interessantes Spiel ist, erfolgreich bestreiten, damit wir einen schönen Jahresabschluss haben“, forderte Oliver Bierhoff vor den letzten Länderspielen der Fußball-Nationalmannschaft 2014 gegen Gibraltar in Nürnberg und vier Tage später in Vigo beim Kräftemessen mit Europameister Spanien.

Der Teammanager schlüpfte am Tag nach der Ehrung der Weltmeister durch Bundespräsident Joachim Gauck und der Premiere des WM-Films „Die Mannschaft“ bewusst in die Rolle des Mahners und Antreibers. „Nach den verkorksten Auftritten wollen wir einen guten Abschluss haben“, erklärte Bierhoff in Berlin und erinnerte damit deutlich an die Oktober-Enttäuschungen gegen Polen (0:2) und Irland (1:1) in der EM-Qualifikation. Innenverteidiger Jérôme Boateng reagierte sofort: „Wir müssen ein Ausrufezeichen setzen.“

Eine Kopfsache wird der Doppelspieltag. Denn krasser könnte der sportliche Unterschied für Manuel Neuer, Thomas Müller und Co. kaum sein. Gibraltar wird nicht einmal in der FIFA-Weltrangliste geführt, da es kein Mitglied des Weltverbandes ist. Spanien ist trotz seiner WM-Pleite immer noch der Gegner, den es zu bezwingen gilt. „Keine Frage, gegen Gibraltar, die drei Punkte müssen her und werden auch kommen“, sagte Lukas Podolski. Und ergänzte: „Ein Sieg in Spanien wäre ein schöner Abschluss.“ Bundestrainer Joachim Löw hat versprochen: „Das Spiel gegen Gibraltar werden wir höchst konzentriert und seriös angehen. Wir wissen natürlich, dass wir klarer Favorit sind. Und genauso wollen und werden wir auftreten.“

Doch wie motivieren sich allseits umjubelte Weltmeister für einen Auftritt gegen die Amateure vom Affenfelsen? Bislang kennen Podolski und Boateng aus verständlichen Gründen keinen einzigen Gegenspieler namentlich, wie sie unumwunden zugaben. Aber: „Wir begegnen allen unseren Gegnern mit Respekt“, versicherte Boateng.

Auch Bierhoff sieht grundsätzliche Motivationsschwierigkeiten nach dem Titelgewinn und der weiterlaufenden Gratulationscour. „Man kann nicht auf Knopfdruck umschalten. Da waren viele Dinge, die auf junge und unerfahrene Spieler eingewirkt haben. Das geht nicht von heute auf morgen“, sagte Bierhoff. Erst um Weihnachten herum werde man den Kopf frei bekommen, glaubt der Teammanager.

Auch Löw hatte seine Hoffnungen auf den Jahreswechsel schon kundgetan. Nun gehe es darum, „weiterzumachen, nach vorn zu blicken, die Lücke zu schließen, die andere Spieler hinterlassen haben und mit der EM 2016 neue Reizpunkte zu setzen“. Als Testgegner für die noch vakanten Länderspieltermine im März und Juni 2015 wurden vom DFB Australien und das US-Team von Jürgen Klinsmann verpflichtet.

Bierhoff gewährte auch einen Einblick in die personellen Überlegungen Löws für die nun anstehenden Spiele, bei denen es entgegen früheren Ankündigungen doch keine Experimente größerer Art geben wird. Jonas Hector ist einziger Neuling im Aufgebot. Der Kölner trainierte am Dienstagabend erstmals mit der Nationalmannschaft. Bei der Einheit im Stadion der Hertha-Amateure fehlten die Gladbacher Christoph Kramer und Max Kruse sowie der Dortmunder Erik Durm, die nach ihrem Bundesliga-Einsatz noch etwas regenerieren durften.

Löw konnte das Training erst mit Verspätung anpfeifen, weil der Mannschaftsbus im Berliner Berufsverkehr feststeckte und deutlich länger als geplant zum Übungsgelände benötigte.

Als Begründung, zum Jahresende doch verstärkt auf die bestmögliche Auswahl zu setzen, nannte Bierhoff auch die ernüchternden Resultate im Oktober. „Wir wollen nicht mit einer Mannschaft auflaufen, bei der man nicht das hundertprozentige Gefühl hat. Wir wollen keine Spielereien machen“, sagte der Manager. Angesichts von Rücktritten nach der WM und nach Verletzungen fehlenden Spielern wie Kapitän Bastian Schweinsteiger fügte er zudem an: „Im Oktober und November kann man nie mit einer Traumelf spielen“. Auf Nachnominierungen verzichtete Löw trotz des Ausfalls von Marco Reus (Fußverletzung) und André Schürrle (Fitnessrückstand) zunächst.

Die letzten missglückten Auftritte in der Qualifikationsgruppe D, in der Deutschland als Tabellenvierter nach drei Spieltagen in der ungewohnten Rolle des Jägers ist, könnten auch von Nutzen sein, glaubt Bierhoff: „In der Vorbereitung auf Freitag ist es ein Vorteil, dass wir die letzten beiden Spiele nicht erfolgreich abgeschlossen haben. Ich glaube, dass es keinen Spieler geben wird, der nicht mit der richtigen Einstellung auf den Platz geht.“