Schiedsrichter feiern neue Technik - „Druck genommen“
Frankfurt/Main (dpa) - Endlich Hilfe bei haarigen Entscheidungen: Deutschlands Schiedsrichter freuen sich auf die neue Technik im Fußball-Tor, wollen sie aber nicht auf das ganze Spielfeld ausgeweitet sehen.
„Die Frage Tor oder kein Tor ist eine Schwarz-Weiß-Entscheidung. Anders als etwa bei Fouls ist die Fachkompetenz des Schiedsrichters da nicht gefordert“, sagte der frühere Bundesliga-Referee Lutz Wagner der Nachrichtenagentur dpa. „Bei der Tor-Entscheidung findet keine Bewertung statt - da kann die Technik gut unterstützen“, erklärte das Mitglied der Schiedsrichter-Kommission des DFB.
Das kameragestützte Hawk-Eye oder Goalref-System mit Magnetfeld im Tor und Spule im Ball sieht auch der ehemalige FIFA-Schiedsrichter Hellmut Krug als wichtige Hilfe. „Vor allem wird mit der Technik ein großer Druck von den Schiedsrichtern und den Assistenten genommen, weil Entscheidungen Tor oder nicht Tor mit menschlichem Auge manchmal nicht zu treffen sind“, sagte er im Radiosender WDR 2.
Am Donnerstagabend hatte das FIFA-Regelkomitee IFAB beschlossen, bei der Frage Tor oder kein Tor künftig diese beiden technischen Hilfsmittel zuzulassen. Sie sollen dem Schiedsrichter anzeigen, ob der Ball die Torlinie überschritten hat oder nicht. Auf FIFA-Ebene sollen die neuen Systeme vorerst nur bei der Club-WM im Dezember in Japan, dem Confederations Cup 2013 und der WM 2014 in Brasilien eingesetzt werden.
Dort soll die Technik auf Herz und Nieren geprüft werden, bevor sie irgendwann auch in der Bundesliga zum Einsatz kommt. „Das System muss zu 100 Prozent funktionieren. Das ist die Voraussetzung dafür, dass es genommen wird“, sagte Wagner, der allerdings beim Hawk-Eye eine Schwachstelle sieht: Denn wenn der Ball zum Beispiel vom Torwart verdeckt ist und von den Kameras nicht erfasst werden kann, dann hilft auch die schönste Technik nichts. „Da habe ich persönlich Bedenken“, sagte Wagner. „Aber das müssen die Tests zeigen.“
So schauen auch die Unparteiischen nun gespannt auf Club-WM und Confed-Cup. Der frühere DFB-Schiedsrichter-Chef Krug mahnt Geduld an. „Die Technik kommt. Aber erst müssen die Systeme zertifiziert werden, dann müssen sie in eine Erprobungsphase. Realistisch ist eine Einführung in der Bundesliga wohl erst 2014.“
Aber eben nur im Tor. Auch Deutschlands Schiedsrichter des Jahres, Knut Kircher, hält nichts von einem Videobeweis für Elfmeter oder davon, Abseitsentscheidungen per Standbild zu überprüfen. „Das macht das Spiel nicht ehrlicher“, sagte er den „Stuttgarter Nachrichten“.
Dabei machen Sportarten wie Hockey gute Erfahrungen mit Videobeweisen auf dem ganzen Spielfeld. Auch Ex-Schiedsrichter Wagner hat sich mit seinen Hockey-Kollegen ausgetauscht - sieht aber zu viele Unterschiede zwischen den Sportarten: „Im Hockey gibt es mehr Unterbrechungen als im Fußball. Aber je weniger Unterbrechungen, desto weniger Gelegenheiten gibt es, eine Entscheidung im Video zu überprüfen“, erklärte Wagner. „Wenn das Spiel noch zwei oder drei Minuten weiterläuft, kann auf der anderen Seite schon ein Tor gefallen sein.“