Financial Fair Play UEFA will Anfang Juni über PSG urteilen

Frankfurt/Main (dpa) - 222 Millionen Euro hat Paris Saint-Germain im vergangenen August für den Rekord-Stürmer Neymar ausgegeben. 180 Millionen Euro werden in diesem Sommer für Frankreichs WM-Spieler Kylian Mbappé fällig.

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Wegen der beiden teuersten Transfers der Fußball-Geschichte muss sich der französische Meister an diesem Freitag bei der UEFA erklären, denn der europäische Fußball-Verband untersagt seinen Vereinen zumindest auf dem Papier, nicht über einen längeren Zeitraum mehr Geld auszugeben als einzunehmen.

Konkret geht es am Freitag am UEFA-Sitz in Nyon also um die Fragen: Hat PSG mit seinen wahnwitzigen Investitionen gegen die Regeln des „Financial Fair Plays“ (FFP) verstoßen und wenn ja: Welche Strafen von einer Millionen-Geldbuße bis hin zu einem möglichen Ausschluss aus der Champions League hat der im Besitz eines katarischen Staatsfonds befindliche Club deshalb zu befürchten?

Tatsächlich sind die Anhörungen von Paris Saint-Germain, dem AC Mailand und Inter Mailand auch so etwas wie der letzte Belastungstest für ein hochumstrittenes System. Mitbeantwortet werden am Freitag auch Fragen wie: Hat das Financial Fair Play überhaupt eine Durchsetzungskraft oder ist es bloß ein zahnloser Tiger? Traut sich die UEFA auch an einen großen Club heran oder bestraft sie bloß Vereine wie den FC Sion, FK Vojvodina oder FC Ertis aus Kasachstan?

Unabhängig vom Ausgang der PSG-Anhörung, deren Ergebnis die UEFA erst im Juni bekanntgeben will, ist schon jetzt klar, dass der europäische Fußball seinen eigenen Regelungen nicht mehr traut. Hinter den Kulissen arbeiten die UEFA und die einflussreiche Club-Vereinigung ECA bereits an einem „Financial Fair Play 2.0“, einer verschärften und vor allem rechtssicheren Variante des bisherigen Systems.

„Das Thema ist bei ECA und UEFA schon auf dem Tisch. Und ich gehe davon aus, dass das relativ zeitnah final beschlossen werden kann“, sagte der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München und langjährige ECA-Chef Karl-Heinz Rummenigge kürzlich in einem „Kicker“-Interview.

Auch der Sportrechtsexperte Paul Lambertz sagte der Deutschen Presse-Agentur zu diesem Thema: Das Financial Fair Play in seiner bisherigen Form „wirkt auf mich etwas zahnlos. Wenn Sanktionen nicht spürbar sind, dann muss man sich auch nicht wundern, dass gegen Regeln verstoßen oder in Graubereiche vorgedrungen wird.“

Gerade PSG sei 2014 schon einmal „zu Geldstrafen und der vorübergehenden Verkleinerung seines Kaders verurteilt worden“, erklärte Lambertz. Aber das sei für einen solchen Verein „keine wirklich empfindliche Strafe“. Der Ausschluss eines großen Clubs aus der Champions League sollte deshalb „kein Tabu sein. Nur wenn alle wissen, dass die Regel für jeden gilt, wird sie Beachtung finden.“

Konkret wollen ECA und UEFA erreichen, dass die europäischen Vereine in Zukunft ihre Finanzberichte und ihre Zahlungen an Spielerberater offenlegen. Und dass der europäische Verband mögliche Verstöße gegen das Financial Fair Play sofort ermitteln und sanktionieren kann - und damit nicht wie bisher das Ende eines Geschäftsjahres abwartet.

Das größte Problem bei der Reform des Financial Fair Plays erinnert aber auch an die Schwächen der deutschen 50+1-Regel, mit der sich die Vereine der 1. und 2. Bundesliga vor dem Einfluss externer Investoren schützen wollen. Wie schafft sich der Sport ein Instrument der Selbstregulierung, das nicht sofort von einem ordentlichen Gericht gekippt werden kann? „Uns war immer klar: Ein Club, der wegen Verstößen gegen das Financial Fair Play bestraft und dagegen klagen würde, hätte wohl Chancen, den juristischen Prozess gegen die UEFA zu gewinnen“, sagte auch Rummenigge dem „Kicker“.

Dieses Szenario schwebt auch über den aktuellen Ermittlungen gegen PSG. Nach einem Bericht der „Financial Times“ sind sich die Prüfer der UEFA bereits sicher, dass der Verein beim Transfer von Neymar gegen die FFP-Regeln verstoßen hat. PSG habe dabei einen beliebten Trick investorengeführter Clubs angewandt und in seinem Finanzbericht Sponsoreneinnahmen angegeben, die deutlich überbewertet worden seien.

Die Frage ist dem Bericht zufolge nur noch, in welchem Ausmaß der Verein bestraft werde und ob sich die UEFA auch diesmal nicht traue, einen großen Namen aus der Champions League zu werfen. Denn auch Paul Lambertz hält das Financial Fair Play für juristisch angreifbar. „FFP ist eine wettbewerbsbeschränkende Regel eines Monopolisten, in diesem Fall der UEFA“, sagte der Düsseldorfer Rechtsanwalt der dpa. „Es ist den Clubs nicht möglich, so zu haushalten, wie sie es wollen.“

Die Hoffnungen der UEFA und der Clubvereinigung ECA ruhen deshalb auf der Europäischen Union. Die soll dem Profifußball einen Sonderstatus verleihen, damit Maßnahmen wie die Begrenzung von Ablösesummen oder andere Eingriffe in den Wettbewerb nicht mehr gegen geltendes EU-Recht verstoßen. „Ich habe den Eindruck, dass man in der EU, aufgeschreckt durch die Transferexplosionen des vorigen Sommers, viel mehr Verständnis für das Thema hat“, sagte Rummenigge.

Der Rechtsexperte Lambertz ist allerdings auch in diesem Punkt skeptisch. „Warum müssen Clubs denn überhaupt davor bewahrt werden, ruinös zu arbeiten?“, meint er. „Fußballclubs sind nicht systemrelevant. Warum also der besondere Schutz?“