Abflug eines Weltstars: Ronaldo kämpft mit den Tränen
Brasília (dpa) - Die vielen Ronaldo-Bilder und Portugal-Fahnen werden jetzt abgehängt in Campinas. Zwei Wochen lang war es der ganze Stolz der Industriestadt nördlich von Sao Paulo, den vermeintlich besten Fußballer der Welt beherbergen zu dürfen.
Aber nach dem nutzlosen 2:1 (1:0) gegen Ghana flogen Cristiano Ronaldo und sein Team schon viel früher wieder nach Hause von dieser WM als von allen erwartet.
„Frustration“, titelte Portugals größte Sportzeitung „A Bola“ nur. Und Torwart Beto meinte stellvertretend für alle Spieler: „Wir haben unsere Ziele nicht erreicht. Also sind wir traurig und enttäuscht.“
Ronaldo selbst kämpfte mit den Tränen. Nichts symbolisierte seine Enttäuschung bei dieser Weltmeisterschaft mehr, als dass der wahrscheinlich auszeichnungshungrigste Spieler des Planeten am Ende nicht etwa den „Goldenen Schuh“ für den besten Spieler des Turniers oder gar den WM-Pokal selbst mit in den Flieger nach Lissabon nehmen durfte, sondern nur die hässliche Trophäe für den „Man of the match“ des Ghana-Spiels. Fragen zum bitteren Vorrunden-Aus wollte er nicht beantworten. Der Poster-Boy des Weltfußballs sagte nur: „Wir scheiden erhobenen Hauptes aus.“ Es bleibe „das Gefühl, dass es möglich gewesen wäre, weil wir die Chancen herausgespielt haben. Wir wussten, dass wir noch drei Tore brauchen. Wir kannten das Ergebnis der Deutschen.“
Was er nicht sagte: Er selbst hätte diese drei Tore locker erzielen können. Drei Großchancen hatte der 29-Jährige über sein 50. Länderspiel-Tor zum 2:1 hinaus. Doch er vergab sie alle kläglich. Auch das passt zu dem Bild, das der „Weltfußballer des Jahres“ bei dieser WM abgab. Bei Real Madrid und im Vollbesitz seiner Kräfte hätte er vermutlich 99 von 100 Chancen dieser Kategorie verwertet. Doch Ronaldo war nicht fit. Seine Entzündung im linken Knie ließ zwar seinen Einsatz in allen drei WM-Spielen zu. Aber nicht, dass er dabei auch nur annähernd seine Bestform erreichte.
Dass trotzdem nur Ronaldo die Portugiesen hätte retten können, ist das Problem des WM-Vierten von 2006. Kein anderer Spieler kann ihn entlasten, alles ist auf „CR7“ ausgerichtet. Dabei war der angeschlagene Superstar bei dieser WM eher eine Belastung als eine große Hilfe für sein Team. Um sich seine ohnehin schon reduzierten Kräfte besser einteilen zu können, verrichtete er auf dem Platz praktisch keinerlei Defensivarbeit. Immer musste jemand mitlaufen für Ronaldo. Und das in einer Mannschaft, die durch zahlreiche Verletzungsprobleme vor dem Turnier und noch einmal sechs Ausfällen während der WM ohnehin auf dem Zahnfleisch kroch.
Dass sich alles immer nur um den Gesundheitszustand ihres Kapitäns drehte, nervte viele andere Spieler. Dass der nach dem 2:2 gegen die USA die überzogenen Erwartungen kritisierte und von einem „limitierten Team“ sprach, war zwar sachlich nicht falsch, hatte aber ebenfalls keine allzu motivierende Wirkung.
Ist Ronaldo deshalb Schuld am Aus? „Nein“, sagte Trainer Paulo Bento: „Ich glaube, das wäre nicht fair. Wir sollten nicht darauf schauen, was ein Einzelner gemacht hat. Wir haben alle Fehler gemacht in den drei Spielen, deshalb sind wir ausgeschieden.“
Bento wies noch einmal darauf hin, dass Ronaldo nicht richtig fit zur WM angereist sei. „Wir haben versucht, das zu managen. Wir wussten, wie es aussieht, seit er angekommen ist“, sagte der Coach. Es sei nicht seine Art, „jemanden schuldig zu sprechen“. Bento selbst übernahm „die Verantwortung für das Scheitern, das alle Portugiesen traurig macht“.
Konsequenzen muss der frühere Nationalspieler aber trotzdem nicht fürchten. Auch Verbandspräsident Fernando Gomes betonte nach dem Ausscheiden noch einmal: „Wir haben einen Vertrag bis 2016 mit Paulo Bento und wir haben großes Vertrauen in seine Arbeit.“ Der 45-Jährige soll die Portugiesen nun zur EM 2016 führen.