Böse Geister vertrieben: Frankreich kämpft um guten Ruf
Ribeirão Preto (dpa) - Die „bösen Geister“ von Südafrika sind verscheucht, jetzt will die Grande Nation auch ohne Bayern-Star Franck Ribery ihren verlorenen Ruf auf der Weltbühne des Fußballs wiederherstellen.
Vier Jahre nach dem Fiasko bei der WM 2010 mit Vorrundenaus und Trainingsstreik starten „Les Bleus“ an diesem Sonntag (21.00 Uhr) in Porto Alegre gegen Honduras die Operation Wiedergutmachung. Mittelfeldmann Blaise Matuidi versprühte am Freitag Optimismus: „Wir wollen eine große WM spielen“.
Der Paris-Profi, der mit 27 Jahren und 23 Länderspielen zu den erfahreneren in der unter Trainer Didier Deschamps erneuerten Équipe gehört, beteuerte, im WM-Quartier in Ribeirão Preto verschwende man keine Gedanken an 2010: „Die Vergangenheit ist Vergangenheit. Wir schauen nach vorne“. Das Zusammenleben der Gruppe sei sehr gut. Man habe eine starke und ehrgeizige Mannschaft beisammen. Zuvor hatte auch der Coach mit den Worten„Man kann die Freude in der Gruppe sehen, man kann sie spüren“ große Zuversicht geäußert.
Nach dem Ausfall von Ribéry, der wegen chronischer Rückenschmerzen in letzter Sekunde zu Hause bleiben musste, sind in Brasilien nur noch vier Profis des „Chaos-Kaders“ von Südafrika dabei: Hugo Lloris, Bacary Sagna, Patrice Évra und Mathieu Valbuena. Das Quartett darf auf die Unterstützung von vielen vielversprechenden jungen Talenten hoffen. Allen voran Mittelfeldmotor Paul Pogba.
Der 21-jährige Profi vom italienischen Meister Juventus Turin könnte zu einem der Stars bei der Endrunde avancieren. „Krake Paul“, wie der 1,91-Meter-Mann aus dem Pariser Vorort Lagny-sur-Marne wegen seiner langen Beine gerufen wird, präsentiert sich in Brasilien bescheiden, aber auch voller Selbstbewusstsein. „Ich möchte die Füße auf dem Boden behalten“ sagte er einerseits. „Wir können hier den Titel holen“, betonte er andererseits.
An Ribéry denkt in Ribeirão Preto eine Woche nach dem Aus des Münchners kaum noch jemand. Für Wirbel sorgte lediglich Teamarzt Franck Le Gall, der die Bayern dafür mitverantwortlich machte, dass „König Franck“ in Brasilien seine wohl letzte WM-Chance verpasst. Weil die medizinische Abteilung der Münchner „fast jede Pathologie mit Injektionen behandelt“, so Le Gall, habe Ribéry eine „Spritzenangst“ entwickelt. Ohne die hätte der 31-Jährige nach Ansicht von Le Gall bei der WM dabei sein können.
Bayern-Arzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt ließ die Anschuldigungen nicht auf sich sitzen und wies sie am Freitag „mit aller gebotenen Nachhaltigkeit“ zurück. In einer Erklärung seines Anwalts konterte Müller-Wohlfahrt, der Edeltechniker habe „keine panische Angst vor Spritzen“ und vor dem Turnier in Brasilien „lediglich die in Frankreich empfohlenen Behandlungen mit Kortison abgelehnt“.
Auch ohne Ribery hat das Team in der Heimat viel Kredit. Robert Pires, der mit Deschamps 1998 den bisher einzigen WM-Titel der Franzosen holte und als scharfer Kritiker gilt, sagte der Sportzeitung „L'Équipe“ (Freitagausgabe): „Nach der Ukraine (dem WM-Playoff-Triumph) hat es eine Art Wiederaufleben gegeben. Les Bleus haben ein anderes Gesicht gezeigt. Die Jungs haben kapiert, dass man das Trikot respektieren muss. Dass Deschamps dahinter steckt, überrascht mich nicht. Er ist der wahre Captain im Team“.
Außenseiter Honduras hat sich jedoch ebenfalls große Ziele gesetzt und will gleich zum Start den Spielverderber geben. Bei der dritten WM-Teilnahme soll nach bislang drei Remis und drei Niederlagen endlich der erste Sieg her. Und trotz des bisher jeweils klaren Scheiterns in der Vorrunde reden alle „Catrachos“ vom Achtelfinale wie von einer Selbstverständlichkeit. „Den Spielern ist klar, dass sie hier nicht zum spazieren gehen sind“, sagte Trainer Luis Fernando Suárez.
Verteidiger Maynor Figueroa versicherte: „Wir sind mit Hoffnung und einem Traum hierhergekommen. Wir sind voll davon überzeugt, dass wir nicht nur erstmals gewinnen, sondern auch die Vorrunde überstehen.“ Stürmer Jerry Bengtson pflichtete bei: „Wir gieren nach Ruhm. Wir möchten der Welt zeigen, wozu wir fähig sind.“ In Frankreich zittert man vor allem vor der harten Gangart der Mittelamerikaner. Deschamps beteuerte jedoch, er mache sich keine Sorgen: „Dafür ist ja der Schiri da.“