Brasilien 2014: Multi-Kulti-WM mit erstaunlichen Zahlen

Brasília (dpa) - Das deutsche WM-Team ohne Mesut Özil, ohne Sami Khedira oder ohne Miroslav Klose? Undenkbar! Ohne Fußballspieler mit Eltern aus fremden Ländern wäre die Mannschaft von Joachim Löw vor allem ganz sicher weniger erfolgreich.

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Multi-Kulti-Weltmeister aber ist wie vor vier Jahren bei der WM in Südafrika die Schweiz. 15 Asse mit internationalen Wurzeln haben die Eidgenossen in ihrem Kader.

Ausgerechnet das Land, das sich im Februar per Volksentscheid für eine Begrenzung der Zuwanderung ausgesprochen hat, lebt im Fußball die größte Internationalität. Bayern-Profi Xherdan Shaqiri etwa ist in Albanien als Kind von kosovarischen Eltern geboren. Wolfsburgs Ricardo Rodriguez ist der Sohn eines Chilenen und einer Spanierin. Und Kapitän Gökhan Inler ist - wie der Deutsche Mesut Özil - das Kind türkischer Einwanderer. „Es ist nicht wichtig, wo wir herkommen“, sagte Inler. „Wichtig ist, dass wir alle für die Schweiz spielen und Erfolg haben wollen.“

Die sogenannten „Secondos“ sind ein wesentlicher Grund, dass sich das kleine Alpen-Land ohne Niederlage für die WM qualifiziert hat und in der Weltrangliste auf Platz sechs geklettert ist. Passend zum Multi-Kulti im Team haben die Eidgenossen auch einen ausländischen Trainer - den Deutschen Ottmar Hitzfeld.

2009 wurde die „U17“ der Schweiz mit „Spielern aus 13 verschiedenen Nationen“ Junioren-Weltmeister, rechnete Hitzfeld vor. Der damalige Sportminister Ueli Maurer erkannte dem Titel sogar „staatspolitische Bedeutung“ bei: „Eine so erfolgreiche Integration soll uns mal jemand nachmachen.“ Bei der Abstimmung im Februar war das wohl vergessen.

Ganz so viele Migrations-Spieler wie die Nachbarn haben die Deutschen nicht im Kader. Unverzichtbar sind sie trotzdem. Allein die beiden in Polen geborenen Stürmer Klose und Lukas Podolski prägen seit langem das Gesicht der DFB-Auswahl. Im WM-Kader zählen zudem Özil (Türkei), Khedira (Tunesien), Jérôme Boateng (Ghana) und Shkodran Mustafi (Albanien) mit ihren internationalen Wurzeln zur Multi-Kulti-Fraktion.

„Hautfarbe und Herkunft machen für uns keinen Unterschied“, sagt zu diesem Thema Boateng, dessen Vater aus Ghana stammt. Es zähle im Team nicht, „ob einer halb Pole oder Afrikaner ist“. Nationalteammanager Oliver Bierhoff erklärte sogar: „Unsere Spieler mit Migrations-Hintergrund bringen durch ihre Spielweise andere Einflüsse mit ein. Das wirkt bereichernd.“

Der australische Designer James Offer hat eine Grafik erstellt, welche die Verwandtschafts- und internationalen Beziehungen aller WM-Akteure zeigt. Die Schweiz weist dabei mit ihren zahlreichen „Secondos“ 21 Vernetzungen ins Ausland auf. Dahinter folgen Australien (18), Algerien und Bosnien-Herzegowina (je 16).

Interessant: Laut Offer haben gleich elf Spieler Argentiniens einen italienischen oder spanischen Pass. Und 16 Spieler der algerischen Mannschaft sind nach Recherchen des Australiers in Frankreich geboren. Insgesamt kicken in Brasilien sogar 47 Spieler, die sich auch für die französische Auswahl hätten entscheiden können.

Offer hat bei seiner Fleißarbeit für alle 32 WM-Mannschaften die internationalen Verflechtungen herausgearbeitet und erstaunliche Zahlen gefunden. Mindestens eine Vernetzung haben 29 Mannschaften, es gibt nur drei Ausnahmen: Ecuador, Honduras und Südkorea.