„Einer der Besten“: Italiens Wandel unter Prandelli
Mangaratiba (dpa) - Stets elegant gekleidet und voller Leidenschaft coacht Cesare Prandelli Italiens Nationalelf. Unter dem 56-Jährigen hat sich das Team in den vergangenen vier Jahren enorm weiterentwickelt: Vorbei sind die Zeiten, als der viermalige Weltmeister auf Catenaccio reduziert wurde.
„Ich bin überzeugt, dass man auch durch eine schöne Spielweise zu Ergebnissen kommen kann“, sagte Prandelli vor Beginn der Fußball-WM in Brasilien im Interview der Nachrichtenagentur dpa. Die Erwartungen in Italien vor dem Turnier sind hoch - was nicht zuletzt mit Prandelli zu tun hat.
Der frühere Trainer des AC Florenz und des FC Parma hat die Azzurri nach dem Debakel mit dem Vorrunden-Aus bei der WM 2010 in Südafrika zum Vize-Europameistertitel 2012 und dem dritten Platz beim Confed Cup im vergangenen Jahr geführt. „Unter Prandelli hat es das Team immer geschafft, sich innerhalb eines Turniers zu steigern“, urteilte Mittelfeldspieler Claudio Marchisio. Auch Riccardo Montolivo, der die WM wegen eines Schienbeinbruchs verpasst, urteilte im dpa-Interview: „Ich denke, dass man in den vergangenen vier Jahren unter Prandelli in jedem Spiel eine Weiterentwicklung der Mannschaft gesehen hat.“
Dabei kam die Philosophie des „comissario tecnico“, wie der Trainer der Nationalelf in Italien genannt wird, am Anfang nicht bei allen gut an. Überall in der Welt habe es Anerkennung für den neuen Spielstil der Azzurri gegeben, sagte Prandelli. „Etwas weniger in Italien, weil Italiener mehr auf die Ergebnisse schauen.“ Doch der Coach hat aus den vielen guten Individualisten in Italiens Team eine Einheit geformt, auch schwierige Spieler wie Skandal-Stürmer Mario Balotelli hat er im Griff. „Mario hat sich bei uns immer gut benommen“, urteilte er. „Ich bin sicher, dass er bereit sein wird.“
Das 0:4 gegen Spanien im EM-Finale 2012 war für Prandelli, der seinen Vertrag mit dem italienischen Verband vor der WM bis 2016 verlängert hat, eine seiner bittersten Niederlagen als Trainer. „Ich wünsche mir, dass das nie wieder passiert“, sagte der 56-Jährige, der bei der WM Spanien, Argentinien, Brasilien und Deutschland als die größten Favoriten sieht. „Ich wünsche mir absolut nicht, auf Deutschland zu treffen, weil sie eines der stärksten Teams sind“, erklärte er.
Prandelli denkt positiv - weiß jedoch auch, dass die Erwartungen seiner stolzen Landsleute bei einer WM traditionell hoch sind. „Für uns wird es eine sehr wichtige aber auch schwierige WM“, prophezeite er. Dennoch will er von seinem Weg der Offensive nicht abweichen - zumal Stars wie Balotelli, BVB-Neuzugang Ciro Immobile und Routinier Antonio Cassano Sturm-Power garantieren. „Unser Ziel ist es, ein Tor mehr zu schießen als der Gegner“, betonte der Coach.
Den Herausforderungen in Brasilien stellt er sich - sowohl den klimatischen Bedingungen als auch der schweren Vorrundengruppe mit Uruguay, England und Costa Rica. „Es wird Schwierigkeiten geben, aber wir müssen uns darauf vorbereiten“, kündigte er an. „Es ist eine sehr ausgeglichene Gruppe. Alle Teams haben ihre Stärken.“
In Italien wird Prandelli trotz der vielen öffentlichen Diskussionen mittlerweile hoch geschätzt. „Der Trainer ist sehr beliebt in Italien. Er hat gute Ideen hat, macht seine Arbeit sehr gut“, urteilte Fabio Cannavaro, einer der Weltmeister von 2006. „Er ist sicherlich momentan einer der besten Trainer der Welt.“