FIFA empört: Kein WM-Plan für weniger Gelbe Karten

Rio de Janeiro (dpa) - Die emotionale Debatte um die schwere Verletzung von Brasilien Superstar Neymar und einen Zusammenhang mit dem angeblich laschen Auftreten der WM-Schiedsrichter hat die FIFA auf den Plan gerufen.

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Mit drastischen Worten wies FIFA-Direktor Walter de Gregorio einen Medienbericht über einen vermeintlichen Geheimplan zurück, wonach die Referees von höchster Stelle angewiesen worden sein sollen, beim Turnier weniger Gelbe Karten zu verteilen, um die Spiele attraktiver zu machen.

„Nur die Idee, dass es einen Geheimplan geben könnte, ist absurd. Man muss nur den gesunden Menschenverstand walten lassen und sich fragen, was das bringen soll“, sagte der Schweizer am Montag in Rio de Janeiro. Die „Bild“-Zeitung hatte berichtet, dass es die Anweisung von Schiri-Boss Massimo Busacca gebe und diese indirekt für die schwere Verletzung von Brasiliens Superstar Neymar verantwortlich gemacht.

„Es gibt eine geheime Fifa-Anordnung an die Schiedsrichter, die in letzter Konsequenz zu Fouls wie im Fall Neymar führt“, hatte die Zeitung geschrieben, ohne eine Quelle zu nennen. Diese Unterstellung berühre das Kerngeschäft der FIFA, erwiderte de Gregorio. „Wir sind dafür da, die Spieler zu schützen. Was für ein Interesse sollten wir haben, für mehr Spektakel die Verletzung von Spielern zu riskieren? Wir alle wollen Neymar spielen sehen“, sagte der FIFA-Medienchef und bezeichnete den Bericht als „Bankrotterklärung für einen Journalisten“.

Bei der WM in Brasilien gab es bislang die wenigsten Gelben Karten im WM-Durchschnitt seit dem Turnier 1986. Pro Spiel ist ein Rückgang von etwa einer Gelben Karte im Vergleich zur WM 2010 zu verzeichnen. Der Schiedsrichter der Viertelfinalpartie Brasilien gegen Kolumbien (2:1), Carlos Velasco aus Spanien, hatte bei der Rekordzahl von 54 Fouls nur vier Gelbe Karten gezeigt, eine davon bei einer relativ harmlosen Behinderung des kolumbianischen Torwarts durch den Brasilianer Thiago Silva, der dadurch nun im Halbfinale am Dienstag gegen Deutschland gesperrt fehlt.

Neymar hatte sich bei einem rüden Einsteigen des Kolumbianers Juan Zuniga einen Wirbelbruch zugezogen und fällt für den Rest des Turniers aus. Die Schwere der Verletzung und die eindrücklichen TV-Bilder hatten zu harschen Reaktionen geführt - unter anderem auch von ehemaligen Schiedsrichtern wie dem Schweizer Urs Meier oder dem Deutschen Hellmut Krug.

Die FIFA forderte eine sachliche Debatte, die sich nicht an einem unglücklichen Einzelfall orientiert. „Man kann über alle sportlichen Belange debattieren, auch ich habe Entscheidungen gesehen, wo ich mich auf der Tribüne gefragt habe, wie kann das sein“, meinte de Gregorio, der extra und unangekündigt zum täglichen Medientermin ins Maracanã von Rio de Janeiro gekommen war.

Unterstützung bekam de Gregorio von den Chef-Medizinern des Weltverbandes. Für eine endgültige Bewertung sei es noch zu früh, bislang habe es außer der Neymar-Verletzung noch einen Beinbruch und einen Nasenbeinbruch als gravierende Verletzungen gegeben - kein signifikanter Anstieg im Vergleich zu früheren Turnieren, betonte der Belgier Michel D'Hooghe.

Eine analytische Einordnung der Referee-Leistungen blieb durch die vielen Emotionen zuletzt auf der Strecke, lautet die Kritik. So hatte Referee Howard Webb im Achtelfinale der Brasilianer gegen Chile sieben Gelbe Karten gezeigt und war für seine souveräne Leistung international gelobt worden. Verwarnungen allein helfen auch nicht weiter, wie der Engländer weiß. Im WM-Finale 2010 zwischen Spanien und den Niederlanden zeigte Webb 13 Mal Gelb und wurde hinterher für seine Leistung kritisiert.