FIFA hebt vorläufige Sperre gegen Beckenbauer auf

München (dpa) - Franz Beckenbauer ist nach zwei Wochen wieder in die große Fußball-Familie aufgenommen worden. Zur WM nach Brasilien will der „Kaiser“ aber auch nach dem letztlich raschen Ende seiner provisorischen 90-Tage-Sperre nicht reisen.

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Am Freitagnachmittag bestätigte der Weltverband FIFA das zuvor bereits vom Beckenbauer-Management vermeldete Ende des Kaiser-Banns. Der Ehrenpräsident des FC Bayern München war am 13. Juni von der FIFA-Ethikkommission für 90 Tage von allen Fußball-Aktivitäten ausgeschlossen worden, weil er Fragen des Ermittlungsgremiums unter der Leitung des Ex-FBI-Direktors Michael Garcia zu WM-Vergaben an Russland 2018 und Katar 2022 nicht beantwortet hatte. Als Mitglied des FIFA-Exekutivkomitees war Beckenbauer an der skandalumwitterten Doppel-Abstimmung im Dezember 2010 beteiligt gewesen.

Die ausstehenden Antworten auf den umfangreichen Fragenkatalog hatte Beckenbauer wenige Tage nach Verhängung der Sperre nachträglich per Fax und E-Mail gegeben. Unmittelbar erfolgte die Aufhebung der Sperre aber nicht. Die FIFA-Ethikhüter mussten zunächst die Vollständigkeit prüfen und gaben nun ihr Okay.

In einer Stellungnahme betonte Alan Sullivan, der Stellvertretende Vorsitzende der Ethikkommission, dass die Voraussetzungen für eine vorläufige Sperre Beckenbauers nicht mehr gegeben seien. Zugleich warnte Sullivan den 68-Jährigen, dass ein erneutes Fehlverhalten zu weiteren Maßnahmen gegen ihn führen würde. Die Ermittlungen gegen Beckenbauer durch die von Garcia geleitete Kommission wegen des Verdachts auf einen Verstoß gegen die Ethik-Bestimmungen würden fortgesetzt.

Um die geplante Reise Beckenbauers zum WM-Halbfinale am 8. und 9. Juli hatte es nach der Sperre Verwirrung gegeben. Zunächst verkündete er über seinen Medienpartner „Bild“, er wolle nicht mehr an den Zuckerhut reisen, dann kam später das Dementi und nun wieder ein Rückzieher. Aus dem Beckenbauer-Umfeld war zu hören, dass der Ehrenpräsident sehr erzürnt und enttäuscht über die Sperre und den Umgang der FIFA mit ihm war. „Er ist eine wichtige Figur im Fußball. Wir würden ihn sehr gerne hier haben. Aber es ist seine Entscheidung“, sagte FIFA-Generalsekretär Jerome Valcke.

Das Management betonte am Freitag nochmals die Sicht des Beckenbauer-Lagers. Man gehe „nach wie vor davon aus, dass die provisorische Sperre ungerechtfertigt war, weil er nach unserer Auffassung nicht zur Aussage gegenüber der FIFA verpflichtet war“. Das sahen die FIFA-Ermittler komplett anders. Alle an der Abstimmung beteiligten damaligen 22 Exekutivkomiteemitglieder außer Beckenbauer machten ihre Aussage den Regularien entsprechend, hieß es von der FIFA.

Die Beckenbauer-Berater räumten ein, dass es „aus heutiger Sicht im Sinne der Sache besser gewesen“ wäre, wenn Beckenbauer früher auf die FIFA-Fragen geantwortet hätte. „Ich habe die Angelegenheit unterschätzt“, wurde Beckenbauer zitiert. Dies habe vor allem daran gelegen, „dass mir solche umfangreichen administrativen Dinge für gewöhnlich von meinem Management abgenommen werden, das ich in diesem Fall aber nur in eingeschränktem Umfang einbeziehen durfte“.

In einer ersten Reaktion hatte Beckenbauer gesagt, dass er das Juristen-Englisch nicht verstanden habe. Das wurde in FIFA-Kreisen mit Unverständnis aufgenommen. Garcia betonte, dass allen Befragten Dolmetscher zur Verfügung gestellt worden seien. Zudem ist der polyglotte Beckenbauer im FIFA-Zirkel als Weltmann bekannt, der problemlos auf Englisch parlieren kann.

Im deutschen Fußball hatte die Sperre gegen die Fußball-Lichtgestalt für eine kollektive Unterstützungskampagne gesorgt. Bayern-Präsident Karl Hopfner, DOSB-Präsident Alfons Hörmann und auch DFB-Präsident Wolfgang Niersbach hatten sich für ein schnelles Ende der Beckenbauer-Sperre ausgesprochen.

Als die Nachricht vom Ende der Sperre kam, reagiert der DFB-Chef erleichtert. „Mir war es von Anfang an völlig unverständlich, warum man am zweiten Tag einer laufenden WM eine solche Sperre ausspricht. Vielleicht hat Franz einen formalen Fehler gemacht, aber so geht man nicht mit jemanden um, der soviel für den Weltfußball geleistet hat“, sagte Niersbach am Freitag der Nachrichtenagentur dpa.

Mit den von der „Sunday Times“ geäußerte Vorwürfen zu Beckenbauers Reisen ins WM-Gastgeberland Katar in den Jahren 2009 und 2011 hatte die Sperre nichts zu tun. Diese Angelegenheit ist auch noch nicht vom Tisch. Garcia hatte beim FIFA-Kongress am 11. Juni in São Paulo betont, dass er die Quellen der britischen Zeitung in seine Ermittlungen aufnehmen werde. Jeden Verdacht der Vermischung von geschäftlichen Beziehungen mit seinem FIFA-Amt hatte Beckenbauer immer energisch zurückgewiesen.

Als Nebeneffekt der FIFA-Sperre war über die „Bild“-Zeitung bekannt geworden, dass der Kaiser offenbar für Russland 2018 gestimmt hatte und für das Turnier 2022 zunächst den Verlierern Australien und dann der ebenfalls gescheiterten Bewerbung der USA seine Stimme gab - und nicht Katar. Beckenbauer selbst hatte immer auf das Wahlgeheimnis verwiesen.