Chronik Schwieriger Sommer: Vom Erdogan-Gate bis zum Löw-Verbleib
Frankfurt/Main (dpa) - Der kurze und enttäuschende deutsche WM-Sommer begann mit der Foto-Affäre von Mesut Özil und Ilkay Gündogan und endete abrupt mit der Pleite gegen Südkorea in Kasan. Sechs Tage später steht fest: Joachim Löw macht trotzdem als Bundestrainer weiter.
14. Mai: Einen Tag vor der Nominierung des vorläufigen WM-Kaders sorgen die Fotos von Mesut Özil und Ilkay Gündogan mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan am Vorabend in London für Aufregung. Der DFB verurteilt die Aktion der Nationalspieler scharf.
15. Mai: Auch bei der Nominierung im deutschen Fußballmuseum sind die Erdogan-Fotos noch Thema. Der DFB will aber andere Nachrichten transportieren. Die Verträge von Bundestrainer Joachim Löw und seinem Stab werden bis 2022 verlängert. Teammanager Oliver Bierhoff bekommt einen Kontrakt bis 2024. Sportlich wichtig: Löw nominiert den langen verletzten Torwart Manuel Neuer in sein 27-Spieler-Aufgebot. Nicht dabei ist der Finaltorschütze von 2014, Mario Götze.
19. Mai: Kurz vor dem DFB-Pokalfinale zwischen Bayern München und Eintracht Frankfurt berichtet der DFB von einem Treffen von Özil und Gündogan mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue. Der Fauxpas des Duos bekommt immer größere Bedeutung. Sportlich alarmierend: Die Bayern-Profis um Mats Hummels präsentieren sich bei der Niederlage gegen die Eintracht in schwacher Form.
23. Mai: Löw startet in Eppan in Südtirol ins Trainingslager. Noch fehlen mehrere Akteure aus München und Champions-League-Sieger Toni Kroos. Das Erdogan-Thema ist immer noch nicht vom Tisch. Özil will sich nicht dazu äußern. Das Comeback von Neuer zeichnet sich ab. Der Torwart kann beschwerdefrei trainieren.
2. Juni: Im vorletzten Test gibt es eine herbe Pleite. Das 1:2 in Klagenfurt ist die ersten Niederlage gegen Österreich seit fast 32 Jahren. Die DFB-Elf spielt schlecht, das überstrahlt das gelungene Neuer-Comeback.
3. Juni: Die Kanzlerin kommt zum Besuch ins Trainingslager. Angela Merkel spricht auch mit Özil und Gündogan.
4. Juni: Löw überrascht wieder einmal mit seiner Personalpolitik. Für den finalen WM-Kader wird neben Bernd Leno, Jonathan Tah und Nils Petersen auch Leroy Sané gestrichen. Das sorgt für Kritik.
8. Juni: Deutschland ist noch nicht in WM-Form. Gegen Saudi-Arabien reicht es in Leverkusen nur zu einem glücklichen 2:1. Viele Fans pfeifen Gündogan aus. Der DFB wird das Problem nicht los. Bierhoff reagiert gereizt und beschuldigt die Medien, das Thema aufzubauschen.
12. Juni: Die DFB-Auswahl hebt nach Moskau ab. Das Wetter in Frankfurt war bezeichnend: Heftiger Regen. Nach dem Einzug ins Teamquartier in Watutinki wird über den Sportschulen-Charakter der Unterkunft diskutiert. Fühlen sich die Weltmeister in der Moskauer Vorstadt wirklich wohl?
17. Juni: Der krasse Fehlstart. Von Mexiko wird Deutschlands taktische Schwäche beim 0:1 entlarvt. Mats Hummels äußert klare Kritik, die Risse im Mannschaftsgefüge vermuten lassen. Löw kann sich einen Vorrunden-K.o. nicht vorstellen und verspricht: „Wir werden das schaffen.“
18. Juni: Die DFB-Elf zieht sich in Watutinki zurück. Einen Tag ist im Teamquartier innere Klausur angesagt.
19. Juni: Es geht nach Sotschi. In der Sonne am Schwarzen Meer - dem Camp beim Confed-Cup-Sieg - soll der Stimmungsumschwung gelingen.
23. Juni: Deutschland steht gegen Schweden praktisch schon vor dem Turnier-Aus. Doch dann schlägt Toni Kroos in der 95. Minute zu. Das 2:1 bringt realistische Hoffnungen auf die Turnier-Fortsetzung in Russland.
27. Juni: Das Ende. Nach einer blamablen Vorstellung gegen Südkorea ist das erste deutsche Scheitern in einer WM-Gruppenphase besiegelt. Löw übernimmt die Verantwortung, entschuldigt sich bei den Fans und bittet um Bedenkzeit, ob er Bundestrainer bleibt.
28. Juni: Nach der Landung in Frankfurt erneuert Löw seinen Wunsch um einige Tage Ruhe. Auch Grindel, Bierhoff und Neuer äußern sich noch am Flughafen in einer improvisierten Pressekonferenz - zufällig vor einer schwedischen und brasilianischen Fahne. Alle sind von dem WM-K.o. noch sichtlich schockiert.
29. Juni: Das DFB-Präsidium stellt sich in einer Telefonkonferenz einmütig hinter Löw.
30. Juni: Joachim Löw trifft sich in Freiburg mit Freunden in einem Café mit dem passenden Namen „Auszeit“.
3. Juli: Die Bedenkzeit ist vorbei. Joachim Löw bleibt Bundestrainer. Löw verspricht „ungebrochene Motivation und Energie“ und zeigt sich „dankbar für das Vertrauen“. Eine ausführliche Analyse für die Gründe des Scheiterns erwartet der DFB bis zum nächsten Länderspiel am 6. September in München gegen Frankreich zum Auftakt der Nationenliga.