Deutscher Schiedsrichter Brychs zähe Zuschauer-Rolle - Weiterer Einsatz „Politikum“?

Moskau (dpa) - Im Achtelfinale konnte Felix Brych im Moskauer Luschniki-Stadion schon einmal Endspiel-Atmosphäre erleben.

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Beim Elfmeter-Krimi von Russland gegen Spanien saß der deutsche Referee im Kreise der WM-Schiedsrichter auf der Tribüne - nun will er auch noch seinen eigenen großen Auftritt bei der Fußball-WM-Endrunde in Russland. Eigentlich sind Brychs Final-Ambitionen durch das frühe Aus der Titelverteidiger von Joachim Löw gestiegen - doch wie groß ist die Chance bei bislang nur einem mageren Vorrunden-Auftritt wirklich?

„Ich hoffe, dass er nochmal zum Einsatz kommt“, sagte der deutsche WM-Rekordschiedsrichter Markus Merk der Deutschen Presse-Agentur. „Der Erfahrung nach sieht es aber ungünstig für Felix aus.“

Das Casting der möglichen Final-Kandidaten läuft bereits, acht Schiedsrichter haben bei dieser WM schon drei Spiele geleitet. Bestnoten verdienten sich dabei bislang unter anderem Björn Kuipers aus den Niederlanden, Nestor Pitana, argentinischer Referee des Eröffnungsspiels, und auch der überraschend starke Iraner Alireza Faghani, der die 0:1-Niederlage Deutschlands gegen Mexiko pfiff. „Wir haben wirklich sehr gute Schiedsrichter bei dieser WM“, lobte auch der Schweizer Ex-Spitzenreferee Urs Meier im ZDF.

Für Brych blieb es bei der zweiten WM-Teilnahme bisher beim brisanten Duell der Schweiz gegen Serbien (2:1). Der 42 Jahre alte Münchner zeigte dabei insgesamt zwar eine souveräne Leistung, wurde aber für einen nicht gegebenen Elfmeter für Serbien heftig angefeindet. „Wenn du in die Kritik gerätst und sogar zu einem Politikum wirst, hast du kaum noch eine große Chance in dem Turnier“, befand Merk. „Dann nimmt die Kommission lieber einen Schiedsrichter, der in mehreren Spielen überzeugt hat und schadlos durch das Turnier gekommen ist.“

Merk hat mit fünf Einsätzen mehr WM-Auftritte als jeder andere deutsche Unparteiische - und kennt aus eigener Erfahrung das zähe Warten, das nun für Brych auch schon wieder seit gut anderthalb Wochen ansteht. Bei der WM 2002 leitete der langjährige FIFA-Schiedsrichter erst spät in der Vorrunde sein erstes Spiel und danach aufgrund des deutschen Finaleinzugs nur noch ein Achtelfinale. „So ein Turnier wird dann unfassbar lang und du wartest jeden Tag auf den Einsatz“, erinnerte Merk. „Wenn du nicht auf der Liste stehst, ist es grausam und eine bittere Zeit.“

Brych ist mit seinem Team neben den Video-Assistenten Felix Zwayer und Bastian Dankert der letzte deutsche Vertreter bei der WM. Sollte er nun ein Viertelfinale zugeteilt bekommen, wäre der Finaltraum aber auch noch nicht vorbei. Der Italiener Nicola Rizzoli überzeugte 2014 in Brasilien in der Runde der besten Acht - und durfte prompt das ganz große Duell von Deutschland gegen Argentinien leiten.

Drei der vergangenen vier Endspiel-Schiedsrichter stammten dabei aus europäischen Verbänden. Und auch bei dieser WM laufen zumindest einige Zuteilungen aus Sicht von Experten nach Regionalproporz. Von den acht Achtelfinal-Schiedsrichtern kamen drei aus Europa, zwei aus Nord- und Mittelamerika, einer aus Südamerika, einer aus Afrika und einer aus Asien. Insgesamt lobte der Schweizer Meier die FIFA zwar für „sehr, sehr gute“ Ansetzungen, monierte aber: „Das ist vielleicht etwas Politisches. Man hat die ganze Welt schön abgedeckt.“