WM-Neuling WM-Debüt für EM-Sensation Island: Erfolg noch größer machen

Gelendschik (dpa) - Das ärmellose Trainingsshirt erlaubt einen Blick auf den tätowierten muskulösen Oberarm. Mit Zopf und entschlossener Miene steht Rurík Gíslason am Trainingsplatz und erklärt das Selbstverständnis seines Landes:

Foto: dpa

„Isländer sind Gewinner. Sie erwarten immer von uns, dass wir gewinnen. Die Erwartungen sind da. Und ich hoffe, dass wir die Wünsche erfüllen können.“ Das seit der EM 2016 bewunderte rhythmische „Huh“ soll auch in Russland mit Enthusiasmus und möglichst oft vor der Fankurve geklatscht werden.

Der Status als WM-Neuling zählt nicht als Ausrede bei Gíslasons stolzen Landsleuten. Seit dem sensationell guten EM-Debüt mit dem Sieg gegen England im Achtelfinale und dem Aus erst eine Runde später gegen Gastgeber Frankreich vor zwei Jahren sind die Erwartungen an das Team um die Deutschland-Profis Gíslason und Alfred Finnbogason gestiegen. Dass es im ersten Spiel für Island bei einer Fußball-WM am Samstag (15.00 Uhr) gleich gegen Argentinien mit Lionel Messi geht und die Gruppe D mit Kroatien und Nigeria als weitere Gegner eine der schwersten in Russland ist? Geschenkt.

Auch als Wunder will Nationaltrainer Heimir Hallgrimsson die Teilnahme auf keinen Fall verstanden wissen. „Wenn jemand überrascht ist, dann hat er einfach nicht viel Ahnung vom Fußball in Island“, betonte er am Freitag in Moskau. Die Quali sei das Ergebnis von harter Arbeit und dem Wissen um die eigenen Stärken und Schwächen.

„Auf dem Papier haben sie das bessere Team. Aber wir haben schon gezeigt, dass wir gegen bessere Teams Ergebnisse erzielen können“, sagte Flügelspieler Gíslason über Gegner Argentinien. Erst zu Wochenbeginn verlängerte er seinen Vertrag beim Zweitligisten SV Sandhausen bis 2020. Für ihn sind Spiele mit dem SVS und seinem Heimatland vergleichbar. „Wir sind jeweils eine kleine Mannschaft. Aber wenn wir 110 Prozent geben, dann können wir etwas erreichen.“

So wie bei der EM, als schon das Überstehen der Gruppenphase eine große Überraschung war. Arnór Ingvi Traustason erzielte damals in der Nachspielzeit das 2:1 gegen Österreich und sorgte für einen Hit im Netz, weil Islands Kommentator völlig aus dem Häuschen geriet. Nie zuvor hatte das Land ein Spiel bei einer Fußball-Endrunde gewonnen.

Wie Augsburgs Finnbogason („Wir haben nichts zu verlieren. Die Südamerikaner aber haben immer viel Druck. Da ist sicher was möglich“) denkt auch Traustason an einen Coup gleich zu Beginn. „Die wollen vermutlich einfach nur gewinnen und dann ans nächste Spiel denken“, meinte er in Richtung Argentinien. „Es ist okay, wenn uns andere Länder unterschätzen. Das ist ein Vorteil für uns.“

Die goldene Generation um den Ex-Hoffenheimer Gylfi Thór Sigurdsson und Kapitän Aron Einar Gunnarsson, den bärtigen Anführer beim „Huh“, hat schon mit der WM-Qualifikation als Gruppensieger vor Kroatien Historisches erreicht. Gewesen sein soll es das aber nicht. „Das ist der größte Erfolg in der Fußball-Geschichte von Island. Wir wollen ihn noch größer machen“, sagte Traustason.