WM soll „Soccer“ in den USA hoffähig machen
Washington (dpa) - Alle vier Jahre wieder sind sich Fußball-Fans in den USA einig: Diese Weltmeisterschaft bringt den großen Durchbruch für den Sport, der im Schatten von American Football, Baseball, Eishockey und Basketball steht.
Und wie jedes Mal seit 1990, als sich das US-Team erstmals seit langem wieder qualifiziert hatte, werden während des Turniers die Einschaltquoten stimmen und die Bars voller Fans sein, die enthusiastisch ihre Mannschaft anfeuern.
Doch jeweils nach dem WM-Hype fiel „Soccer“ dann stets in sein Nischendasein zurück als ein Sport, den man gern selbst betreibt, sich aber nicht anschaut. Nichtsdestotrotz sind die Vorzeichen mittlerweile besser denn je: Fußball ist jetzt ein einträgliches Geschäft. Die Zuschauerzahl in den Stadien liegt im Schnitt schon über 18 500. Die Profiliga MLS hat bereits 21 Mannschaften - acht mehr als 2007. Pro Jahr fließen 90 Millionen Dollar an TV-Geldern.
Wie zum Beweis erscheint die Begeisterung für die WM in Brasilien ausgeprägt wie nie. Die Sender ESPN und ABC sind bei allen Spielen live dabei. Zusammen zeigen sie über 290 Stunden World-Cup-Programm, 50 Stunden mehr als vor vier Jahren, so das Branchenblatt „Variety“. Auch die Werbepreise steigen. 2006 kostete ein 30-Sekünder im Finale 129 000 Dollar, 2010 waren es schon 389 000 Dollar. Doch das ist immer noch billig im Vergleich zu den vier Millionen Dollar beim Super Bowl, dem Endspiel der Football-Liga NFL.
Vor allem in Metropolen herrscht das „Soccer“-Fieber. Schon früh um neun Uhr macht Peter Kahl während des World Cups sein Restaurant „Speisekammer“ nahe San Francisco auf - früher als gewöhnlich, wie der gebürtige Flensburger erzählt. Seit zwölf Jahren serviert er hier deutsche Kost. Bei vier Stunden Zeitverschiebung zwischen der US-Westküste und vielen Spielorten rechnet er auch mit morgendlichem Bierkonsum. „Viele, die um neun kommen, haben sich den Tag freigenommen und fangen schon früh mit dem Trinken an“, scherzt Kahl. Er erwartet auch viele Amerikaner. „Das hat sich in den letzten Jahren echt verändert“, sagt er über das wachsende Soccer-Interesse in seiner Wahlheimat, die 1994 die WM-Endrunde ausrichtete.
Auch „Leopold's Gasthaus“ in San Francisco wirbt mit einem World Cup Menü früh ab 8.30 Uhr bei Übertragung aller Spiele. Tausende Fans werden zu Public Viewings vor dem Rathaus in San Francisco erwartet. Ein Kino in Oakland zeigt alle Spiele auf der Großleinwand.
In der Millionenstadt New York steigt ebenfalls das WM-Fieber, auch wenn die Sport-Konkurrenz groß ist: Die Eishockey-Männer der New York Rangers haben es erstmals seit 20 Jahren wieder ins Finale des Stanley Cups geschafft. Zudem stehen beide Baseballmannschaften Yankees und Mets gerade mitten in der Saison. Aber immer mehr New Yorker können sich auch für Fußball begeistern. Zudem sind fast 40 Prozent der New Yorker nicht in den USA geboren - und für viele Einwanderer ist „Soccer“ sowieso ganz klar die Nummer eins.
So hat jedes Team bei der WM auch mindestens eine Fan-Kneipe in der Metropole, so die „New York Times“ - man schaut beim Portugiesen in Queens, dem Franzosen in Brooklyn oder den Kamerunern in Harlem. Viele der Gastgeber-Fans aus Brasilien wohnen im Stadtteil Astoria in Queens. „Wir haben hier ganz viele brasilianische Kunden“, sagt Ramon Badillo, Wirt der Kneipe „El Basurero“ mitten in dem Viertel. „Das gibt jede Menge Spaß.“
Deutsche Fans und neugierige Amerikaner treffen sich in New York unter anderem in den Lokalen „Loreley“ und „Zum Schneider“ - meist stilecht mit Kölsch oder Hefeweizen und einem Wurstteller mit Sauerkraut und Kartoffelpüree. Auch den Deutschen in Washington werden Fußballfeste geboten, ob partymäßig im „Biergarten Haus“ oder etwas gediegener im Goethe-Institut. Ohnehin ist die US-Hauptstadt nicht nur wegen ihre vielen internationalen Organisationen und Botschaften die heimliche Fußball-Hauptstadt. Selbst Bundesliga-Spiele können hier Kneipen füllen.
Für die Vorrunden-Begegnung der DFB-Elf gegen die USA und deren Trainer Jürgen Klinsmann am 26. Juni hat die deutsche Botschaft sogar ein richtiges Public Viewing auf einem beliebten Platz mitten in der Stadt organisiert. Einem Sprecher zufolge lassen erste Rückmeldungen einen riesigen Andrang erwarten - auch Amerikaner wollen sich das „Soccer“-Fest nicht entgehen lassen. Nur auf eines müssen sie auf dem Dupont Circle verzichten: Alkohol auf öffentlichen Plätzen ist wie fast überall in Amerika nicht erlaubt.