Analyse: Wie verkraftet der WSV den offenen Schlagabtausch?
Obwohl sich der Verein personell neu aufstellen kann, gerät die Versammlung in der Uni-Halle zur Zerreißprobe.
Wuppertal. Es ist 20.09 Uhr am Mittwoch in der Uni-Halle: WSV-Präsident Friedhelm Runge holt zum Rundumschlag aus: „Wenn ich die ganzen Klugscheißer hier höre, muss ich mich wieder ärgern. Das kann doch nicht wahr sein. Wenn es Ihnen beim WSV nicht gefällt, steht es Ihnen zu, nach Düsseldorf oder Bochum zu gehen.“ Es folgen gellende Pfiffe der Runge-Kritiker. Die Uni-Halle brodelt und dieses Brodeln dauert bis zum Ende einer denkwürdigen Mitgliederversammlung an, die zur Zerreißprobe für den Traditionsverein wurde.
Ein Verein stellt sich neu auf — oder demontiert er sich selbst? Welche Bilanz die Mitglieder des Wuppertaler SV Borussia und die Wuppertaler Fußballfans ziehen, wird erst die kommende Saison zeigen, wenn die Abstimmung bei den Heimspielen des WSV mit „den Füßen“ ansteht. Offensichtlich nimmt aber die Zahl derer zu, die den Glauben an eine bessere Zukunft des WSV verloren haben. Die von WSV-Präsident Friedhelm Runge angeführte Vereinsspitze musste sich jedenfalls zahlreicher Vorwürfe aus der eigenen Mitgliederschaft erwehren, obwohl sie sich in allen Punkten der Tagesordnung durchsetzen konnte. So wählten die WSV-Mitglieder mehrheitlich einen neuen elfköpfigen Verwaltungsrat. Der wird den neuen dreiköpfigen Vorstand mit Friedhelm Runge an der Spitze sowie Jörg Albracht und Lothar Stücker ins Amt heben.
Der Antrag, dem Verein seinen alten Namen Wuppertaler SV (ohne Borussia) zu geben, wurde erneut abgeschmettert. Allerdings gab es eine einfache Mehrheit für die Umbenennung, was die Runge-Kritiker als Teilerfolg verbuchen durften. Um den Namen zu ändern, wäre aber eine Dreiviertel-Mehrheit erforderlich gewesen. Als haushoher Sieger des Abends durften sich Friedhelm Runge und seine Mitstreiter am Podium allerdings nicht fühlen.
Die seit Jahren fällige Aussprache zwischen dem Vorstand und der Basis gelang nicht einmal in Ansätzen. Völlig frustriert waren zum Beispiel einige Mitglieder des „Freundeskreises WSV“, deren Einsatz für den WSV keine Anerkennung fand. Im Gegenteil: Wortmeldungen wurden regelrecht „abgebügelt.“ Dass um 22.15 Uhr mehr als 50 Mitglieder vorzeitig die Uni-Halle verließen, war eine Reaktion auch auf die undiplomatische Wortwahl Runges. Der sprach von Besserwissern und stellte mit Verweis auf sein Engagement für den WSV auch die allgemeine Drohung in den Raum: „Ich spreche keine Warnung umsonst aus.“