Hambüchen mit Rückenwind - Verletzter Boy unter Druck

Cottbus (dpa) - Philipp Boy ist am Verzweifeln. Während Fabian Hambüchen als deutscher Mehrkampf-Meister ganz relaxed an den finalen Schlagabtausch um die Olympia-Tickets der Turner gehen kann, quält sich Boy mit immer neuen Verletzungen herum.

Daher ist der Trainings-Zustand des Vizeweltmeisters der vergangenen beiden Jahre nicht zufriedenstellend. Der Lausitzer muss noch um seine Fahrkarte nach London bangen. „Ich gebe nicht auf, so lange ich noch kriechen kann“, kündigte Boy aber vor der letzten Olympia-Qualifikation am Samstag in Frankfurt am Main an. „Jetzt kann ich mich ja wenigstens wieder normal bewegen. Am Dienstag habe ich mich noch gefühlt wie ein 80-jähriger Opa“, beschreibt er den quälenden Rückenschmerz, der am Montag nach dem Training aufgetreten war.

Schmerzmittel, Spritzen und ein Tag nahezu ohne Gerätetraining nervten Boy in dieser Woche total. „Warum kommt das alles im Olympia-Jahr? Das ist doch nicht auszuhalten“, stöhnte er nach den unsäglichen Schmerzen im Ischias-Nerv. Seit Jahresbeginn hatten ihn bereits eine Schlüsselbein- und eine Handgelenks-Entzündung wochenlang ausgebremst. Zudem zog er sich zuletzt beim Titelkampf in Düsseldorf auch noch einen Kapselriss im Fuß zu.

„Das Handgelenk schmerzt weiter, das bekomme ich bis in London nur mit Schmerzmitteln hin“, klagte Boy. Dennoch habe er keine Sekunde ans Aufgeben gedacht. „London ist mein Traum. Ich will in Frankfurt alles geben und alle Fragezeichen hinter meinem Namen in Sachen Olympia auslöschen“, erklärte er. Kampfansagen an den zuletzt stark auftrumpfenden Fabian Hambüchen sind derzeit kein Thema für Boy.

Ganz gelassen darf hingegen Ex-Weltmeister Hambüchen den Wettkampf in der Fraport-Arena angehen. „Ich kann es kaum erwarten, vor heimischem Publikum wieder zu zeigen, was ich kann. Ich will allen eine gute Show bieten“, kündigte der Wetzlarer an, der bei den deutschen Meisterschaften mit drei Titeln bravourös ins Rampenlicht zurückgekehrt war. „Ich war fast selbst überrascht, wie gut die Form ist - aber es gibt noch genügend Luft nach oben“, fügte er hinzu.

Dass Hambüchen bei seinem Heimspiel die spektakuläre Reck-Übung mit Schwierigkeit 7,7 zeigen wird, ist nicht zu erwarten, auch wenn er Trainingsbilder schon bei „Youtube“ ins Netz stellte. „Klar will ich zeigen, dass ich noch da bin und dass ich bei Olympia stark zurückkommen werde. Aber in erster Linie stelle ich diese Filme ins Netz, um meinen Fans, die mich auch in den letzten schwierigeren Monaten immer unterstützten, etwas zurückzugeben“, erklärte Hambüchen in einem Interview des Mediendienstes „Teleschau“.

Als sicher gilt auch die Olympia-Nominierung für Barren-Europameister Marcel Nguyen. Beste Karten auf eine Olympia-Debüt hat der universell einsetzbare Hannoveraner Andreas Toba, der in Düsseldorf schon als Vierter auf sich aufmerksam machte. „Das ist der Hauptwettkampf auf dem Weg zu den Olympischen Spielen. Wir wollen schließlich unseren Beitrag zum deutschen Medaillenspiegel in London leisten“, meinte Chefcoach Andreas Hirsch.

Auch für Vizeeuropameisterin Elisabeth Seitz sind die Weichen nach London längst gestellt. „Für mich geht es darum, meine Übungen zu perfektionieren und zu stabilisieren. Durch den Erfolg in Düsseldorf bin ich guter Dinge“, meinte die Mehrkampfmeisterin aus Mannheim. Ihre Nominierungs-Vorschläge teilen die Cheftrainer am Sonntag in Frankfurt mit, die Nominierung der jeweils fünf Turnerinnen und Turner für London erfolgt am 4. Juli durch den Deutschen Olympischen Sportbund DOSB.