Hambüchen vor Finals nervös: „Maximales Muffensausen“
Antwerpen (dpa) - Entspannt und gelöst wirkt Fabian Hambüchen in der Trainingshalle auf dem Expo-Gelände von Antwerpen. Doch vor den entscheidenden Medaillenkämpfen der 44. Turn-Weltmeisterschaften brodelt es in ihm.
„Ich bin nervös und aufgeregt. Und da könnte ich noch 100 Jahre turnen - das wird wohl immer so bleiben“, sagte der deutsche Turnstar am Tag vor dem Mehrkampffinale und offenbarte Einblicke in sein Seelenleben. „Ich werde wieder maximales Muffensausen haben. Es ist schön, dass man das weiß. Aber man kann es nicht ändern“, gestand der 25-jährige Wetzlarer.
Während Hambüchen konzentriert seine nächste Medaille ansteuert, tingelt der andere deutsche Olympia-Held Marcel Nguyen zu gleicher Stunde weiter von einem PR-Termin zum anderen. Er tritt zum Tag der deutschen Einheit beim Musical „Tarzan“ im Stuttgarter Schlossgarten auf und verfolgt den Mehrkampf seines Teamgefährten nur aus der Ferne.
Lange hat Hambüchen in der Allround-Konkurrenz - auch aufgrund von Verletzungen - nichts gewonnen. Sein EM-Titel 2009 in Mailand liegt viereinhalb Jahre zurück. In Antwerpen soll diese kleine Durststrecke nun enden. „Ich bin nicht unglücklich, dass ich gleich am Pferd starten kann. Wenn das gut läuft, kann ich am Ende gut Punkte sammeln. Hinter dem überragenden Kohei Uchimura ist alles drin“, äußerte Hambüchen vorsichtige Medaillenhoffnungen.
Der Japaner, der dreimal in Serie die WM und zuletzt in London Olympia-Gold gewann, hatte bereits mit fast 92 Punkten in der Qualifikation seine Überlegenheit unter Beweis gestellt. „Aber unschlagbar ist auch er nicht. Ich weiß, was ich verbessern muss, um ihn irgendwann mal zu schlagen. Das aber geht in meinem Alter nicht in Quantensprüngen“, betonte Hambüchen. Als Minimalziel sieht er die Qualifikation für den gut dotierten Mehrkampf-Weltcup, wozu ein Platz in den Top Acht nötig wäre.
Aber nach zehn Jahren in der Turn-Weltspitze weiß Hambüchen auch: „Wenn irgendetwas schief läuft, ist man gleich weg vom Fenster.“ Das gilt erst recht für das Reckfinale. Zwölfmal hat er in seiner Karriere bei Olympia, WM und EM schon die Endkämpfe am Königsgerät erreicht, die „13“ soll nun für ihn kein böses Omen sein.
Es winkt ihm die achte Reck-Medaille seiner Laufbahn. Er darf als Vorletzter nach den Mitfavoriten Uchimura und Olympiasieger Epke Zonderland aus den Niederlanden an das Gerät und sieht das als unschätzbaren Vorteil. „Ich werde meine Übung mit Ausgangswert 7,4 zeigen, da gibt es keine Frage“, kündigte er selbstbewusst an.
Nach dem Rücktritt von Philipp Boy und der Regenerationspause von Marcel Nguyen ist Hambüchen in Antwerpen der letzte Verbliebene des „Goldenen Jahrgangs“ 1997. Da nach einigem Zaudern die Entscheidung gefallen ist, dass er auch als Student bis Olympia 2016 „voll durchziehen“ wird, macht sich Hambüchen Sorgen um die Teamleistung der Deutschen.
„Wir wollen nach Rio, aber dafür müssen wir uns erst qualifizieren. Das wird keine Selbstverständlichkeit. Die Mannschaft braucht meine volle Kraft für Rio“, bekräftigte er sein Bekenntnis zum Mehrkampf. Er hofft, dass Nguyen im kommenden Jahr wieder angreift und die Jüngeren wie Andreas Bretschneider, der ihn in Antwerpen ins Reck-Finale begleitet, die Lücken schließen.
Obwohl es somit diesmal nicht die „One-Man-Show“ im Finale gibt, ruhen im 15 000 Plätze bietenden Sportpaleis alle deutschen Medaillen-Hoffnungen auf Hambüchen. Ein Druck, der für ihn nichts Neues ist. „Das war noch nie anders. Ich mache mir selbst den meisten Druck, will meine bestmögliche Leistung anbieten“, kündigte er an. Selbst die Nervosität ist dabei für den Ausnahmeturner schon Routine.