Handball: Tränen und Trauer in Großwallstadt
Der Traditionsclub ist erstmals nach 44 Jahren aus der Bundesliga abgestiegen.
Aschaffenburg. Als der letzte Pfiff ertönt war, herrschte Totenstille. Doch die Schockstarre nach dem erstmaligen Abstieg des TV Großwallstadt aus der Handball-Bundesliga währte nur Sekunden.
Dann wurde die Mannschaft des sechsmaligen deutschen Meisters nach dem 29:32 gegen Meister THW Kiel von über 4000 Fans mit minutenlangen Ovationen in die 2. Liga verabschiedet. Dort will der Traditionsverein vom Untermain einen Neuanfang starten. „Wir liegen am Boden. Aber wir stehen wieder auf und greifen an“, versprach Geschäftsführer Guido Heerstraß.
44 Jahre lang spielten die Mainfranken ununterbrochen im Oberhaus und feierten vor allem in den 70er und 80er Jahren große Triumphe auch auf internationalem Parkett. Nun ist der Verein am Tiefpunkt angelangt. „Es gibt nichts Schlimmeres als einen Abstieg“, sagte Sportdirektor Peter Meisinger mit glasigen Augen.
Auch Trainer Peter David, der keinen neuen Vertrag erhält, kämpfte mit den Tränen: „Ich habe viel Kraft verloren und werde eine Auszeit nehmen. Ich muss runterfahren, denn ich habe schon Schlafstörungen.“
Das sportliche Schicksal des Bundesliga-Dinos ließ selbst den Gegner nicht kalt. „Das ist der traditionsreichste Verein, den die Bundesliga hatte. Es waren schwere Momente, den Spielern in die tränenden Augen zu sehen. Ich bin sehr, sehr traurig“, schilderte Kiels Linksaußen Dominik Klein nach dem Abpfiff seine Gefühle.
Der Nationalspieler hatte einst für den TVG gespielt und hofft auf eine schnelle Rückkehr des viermaligen DHB-Pokalsiegers in die Eliteklasse.
Den streben auch die Verantwortlichen an. Zunächst müssen bis zum Mittwoch noch einige Bedingungen für die Erteilung der Zweitliga-Lizenz erfüllt werden. „Es sieht sehr gut aus“, betonte Heerstraß.
So schnell wie möglich sollen dann ein neuer Trainer verpflichtet und eine schlagkräftige Mannschaft für die Mission Wiederaufstieg zusammengestellt werden. Als heißer Kandidat wird Khalid Khan gehandelt, der zu Jahresbeginn beim Drittligisten Eintracht Hagen entlassen worden war.
Über allen Personalien stehen jedoch die Finanzen. „Wichtig wird sein, dass wir uns wirtschaftlich stabilisieren. Nur so ist eine sportliche Stabilität möglich“, betonte Heerstraß. Mehrere Sponsoren haben bereits signalisiert, ihre Unterstützung für ein Jahr auf Bundesliganiveau fortzuführen.
Großwallstadts Handball-Legende Kurt Klühspies, der das Drama nicht live verfolgte, gab daher das Motto aus: „Es ist unglaublich, dass wir abgestiegen sind, aber es geht weiter. Das Ziel muss lauten: Wir greifen wieder an.“