Abschied und Anfang: Roggisch in alter und neuer Rolle
Magdeburg (dpa) - Im Teamhotel im Magdeburger Herrenkrug ist Oliver Roggisch „Hans-Dampf in allen Klassen“. Der Blondschopf wirbelt, organisiert, gibt Interviews. Ein gefragter Mann eben.
Roggisch ist bereits in dem Metier wie Zuhause, dass der Mannheimer zukünftig begleitet: Als Teammanager der Nationalmannschaft. Am Training vor dem entscheidenden WM-Qualifikationsspiel der deutschen Handballer am Samstag gegen Polen nimmt er auch noch teil, aber nur noch als Standby-Profi. Ein Einsatz in der Getec-Arena ist für den neuen „Handball-Bierhoff“ nicht geplant.
Mit der Rückkehr nach Sachsen-Anhalt zum Ende seiner aktiven Karriere in der Nationalmannschaft schließt sich ein Kreis. Roggisch erinnert sich noch genau. Es war im März 2002, als er in Dessau gegen die Schweiz sein erstes Länderspiel bestritt. Der deutsche Handball befand sich gerade auf dem Vormarsch, die „Goldene Generation“ um Christian Schwarzer, Stefan Kretzschmar und Daniel Stephan war zuvor Europameisterschafts-Zweite geworden. Und dann kam Roggisch.
23 Jahre jung und beim Aufsteiger Frisch Auf Göppingen am Ball. „Es gab eine klare Hierarchie. In diese Mannschaft hineinzukommen, war nicht ganz so einfach“, sagt der Abwehrspezialist im Rückblick. Mit seiner offenen Art und guten Leistungen gelang ihm die Integration dann aber doch recht schnell, fünf WM- und vier EM-Teilnahmen sprechen für sich. Und auch bei den Olympischen Spielen 2008 war der beinharte Verteidiger, der es sogar zum Auswahl-Kapitän brachte, dabei.
Sein uneingeschränkter Höhepunkt? „Natürlich der WM-Titel 2007“, muss Roggisch nicht lange überlegen. Dazu kommen drei EHF-Pokal-Triumphe mit TuSEM Essen, dem SC Magdeburg und den Rhein-Neckar Löwen. „Das alles hätte ich nicht erreicht, wenn ich mich nicht auf die Abwehrarbeit spezialisiert hätte.“
Für den mittlerweile 35-Jährigen endet am Samstag eine beeindruckende Laufbahn, in der er nicht nur viel gewonnen, sondern auch viel erlebt hat. Zum Beispiel in Göppingen, wo Christian Fitzek sein Trainer war und der neben Roggischs Kampfgeist vor allem dessen Talent beim Abkürzen von Laufstrecken zu schätzen wusste. „Das zieht sich durch meine komplette Karriere“, beichtet der 2,02-Meter-Hüne.
Ebenso unvergessen bleibt für ihn eine Reise zum Europapokalspiel mit dem SC Magdeburg in Minsk. Erst am Berliner Flughafen bemerkte der 202-fache Nationalspieler, dass er seinen Pass vergessen hatte. „Ich habe meine damalige Putzfrau angerufen - und die hat einen Pass von mir gefunden. Der war allerdings nicht mehr gültig.“
Roggisch ließ das Dokument dennoch kopieren und faxen, um damit nach Weißrussland zu fliegen. „Unser damaliger Manager Bernd-Uwe Hildebrandt griff am Minsker Flughafen in die Hose und wollte versuchen, mit ein paar Euros meine Einreise zu bezahlen“, erinnert sich Roggisch mit Begeisterung in der Stimme. „Aber da stand einer mit einem Maschinengewehr - das haben wir dann lieber gelassen.“ Und so musste sein damaliger Mannschaftskollege Oleg Kuleschow tätig werden und seine Kontakte spielen lassen.
Der WM-Held von 2007 erzählt all das mit einem breiten Grinsen, mit ironischem Unterton, viel Dankbarkeit und noch mehr Gelassenheit. Dass er bei den Rhein-Neckar Löwen und in der Nationalmannschaft zuletzt nicht mehr zum Einsatz kam, stört ihn nicht. „Mit seiner Persönlichkeit ist er trotzdem ein extrem wichtiger Faktor für das Team“, adelt Bundestrainer Martin Heuberger den Routinier.