Handball-Bundesliga Mit dem alten Kapitän auf Kurs
Wuppertal · Da musste sogar der sonst recht ernste Sebastian Hinze lachen. Gerade erst hatte er Kristian Nippes zum ersten Mal in dieser Saison eingewechselt, da kam der einstige Kapitän mit einer blutenden Lippe an die Bank.
„Willkommen zurück“, hieß es, während Nippes den Weg zu Physiotherapeut Severin Feldmann suchte. „Da wurde ich ein bisschen über den Haufen gerannt“, sagte der 33-Jährige später über das Stürmerfoul von Benedikt Kellner.
So kurios der Anfang von Nippes’ Comeback in der Handball-Bundesliga war, so triumphal endete es. Der Linkshänder hatte seinen Anteil am in allen Belangen überzeugenden 25:20 (15:11)-Erfolg beim HC Erlangen – dem ersten BHC-Sieg in der Nürnberger Arena überhaupt.
Nach fünf Minuten waren Torhüter Tomas Mrkva sowie die Deckung mit Max Darj und Tom Kare Nikolaisen im Zentrum bereits in Hochform. Der Tscheche parierte gleich den ersten Gegenstoß von Johannes Sellin. Hatte der Keeper zu Beginn noch retten müssen, unterband der BHC das gegnerische Tempospiel in der Folge immer besser. Im gebundenen Angriff fand der HCE über weite Strecken keine Lösung – was neben der Löwen-Abwehr auch an den Ausfällen von Antonio Metzner oder Sime Ivic gelegen haben könnte.
Ihren Vorteil gaben die Gäste nie aus der Hand. Fabian Gutbrod und David Schmidt funktionierten als Rückraum-Schützen mit sechs beziehungsweise vier Toren, Spielmacher Tomas Babak glänzte als Vorbereiter unter anderem für Max Darj am Kreis, und Arnor Gunnarsson traf von rechtsaußen sicher. Hinten drehte Mrkva mit elf Paraden und einer Fangquote von 36,67 Prozent auf.
Und dann war da noch Kristian Nippes: Denn für den Linkshänder war der Arbeitstag nach seiner blutenden Lippe nicht beendet. Als Positionskollege David Schmidt kurz vor der Pause für zwei Minuten vom Feld musste, kam Nippes wieder, stieß an den Kreis vor und brachte den Ball vom Pfosten über Torhüter Klemen Ferlin ins Tor zum 15:11. „Viel Platz habe ich da nicht gesehen, so dass ich schon sehr glücklich war, dass der Ball dann doch irgendwie reinging.“
Dass der Solinger, der seine Profikarriere im vorigen Sommer beendet hatte, sich seit der schweren Verletzung von Maciej Majdzinski aber wieder im Training befindet, ausgerechnet beim HC Erlangen sein Comeback gab, war kein Zufall. „Es hatte weniger mit dem Ausfall von Yannick Fraatz als mit der Situation, in der wir uns befanden. Ich hatte das Gefühl, dass wir Erfahrung auf dem Feld brauchen“, erläuterte Coach Hinze seine Beweggründe, sich für Nippes statt Renars Uscins als Schmidt-Ersatz zu entscheiden. Der 18-Jährige war zuletzt vor allem stark, wenn er frei aufspielen konnte. Nach dem Remis gegen Nordhorn erwartete Hinze eine größere Drucksituation.
Auch wenn sich die Löwen nach der Pause auf 21:13 absetzten und Erlangen zwölf Minuten ohne Tor hielten, sorgten die Gastgeber mit einer offensiven 3:3-Deckung noch für ein wenig Stress. Nippes behielt die Ruhe und krönte seinen Abend mit dem 24:19 nach einem Wackler. Bei dem Tor sah es aus, als wäre er nie weg gewesen. „In der offensiven Abwehr muss man drauf gehen, wenn man die Chance sieht. Ich bin froh, dass es geklappt hat“, meinte Nippes. BHC-Geschäftsführer Jörg Föste brachte die Mannschaftsleistung und insbesondere die Nippes-Performance auf den Punkt: „Hut ab!“