Der Meister wankte, aber er fiel nicht
Der Bergische HC hatte den schwächelnden Favoriten sogar am Rande einer Niederlage, unterlag am Ende mit 25:29.
Wuppertal. Es war eine riesige Werbung in eigener Sache, was die Handballer des Bergischen HC gestern betrieben. Vor fast 3200 Fans in der Uni-Halle und Hunderttausenden TV-Zuschauern lieferte der Aufsteiger dem Deutschen Meister HSV Hamburg einen begeisternden Kampf. Am Ende zog der BHC mit 25:29 (13:13) den Kürzeren, aber es hätte auch durchaus anders laufen können. Viele Experten hatten eine ziemlich einseitige Angelegenheit erwartet, und die Anfangsphase schien ihnen recht zu geben.
Denn schnell führte das hanseatische Starensemble mit 5:2. Doch der BHC, der sich in den bisherigen Saisonspielen schon mehrfach eine ganz schwache Anfangsviertelstunde erlaubt hatte, ließ sich nicht abschütteln. Der etwas nervöse Beginn war spätestens mit dem 4:5-Anschlusstreffer von Kenneth Klev abgelegt. Fortan entwickelte sich ein offener Schlagabtausch, zwar nicht auf sonderlich hohem Niveau — dafür machten beide Mannschaften zu viele Fehler — aber unglaublich abwechslungsreich und stimmungsvoll.
TV-Experte Kretzschmar lobt die Löwen und kritisiert den Meister „Das, was der BHC spielt, kann man sich ganz gut angucken“, befand Sport1-TV-Experte Stefan Kretzschmar, der in Richtung HSV allerdings auch nicht mit Kritik sparte. „Das, was die hier spielen, ist arrogant. Und dann wird es meist schwer, den Hebel wieder umzulegen.“ Beim BHC hingegen brauchte niemand mehr einen Hebel umzulegen. Die Mannschaft spielte Vollgas und vor allem bärenstark in der Abwehr. Immer wieder fingen Klev, Knudsen und Co. Hamburger Pässe ab und liefen Gegenstöße.
Nicht immer so spektakulär wie Christian Hoße, der einen langen Pass von Keeper Jan Stochl mit einer Hand runterpflückte und versenkte. Aber was nie im Leben jemand erwartet hatte, trat tatsächlich ein: die langen Zwei-Meter-Weltklasseleute des HSV gerieten aus dem Konzept. Selbst dem erfahrenen Pascal Hens unterliefen reihenweise Fehlpässe und Fehlwürfe. Unentschieden zur Pause schmeichelte dem Meister Und nicht nur die Zuschauer, auch die „Löwen“ auf dem Platz witterten die Chance auf eine Sensation.
13:13 hieß es zur Pause. Eher geschmeichelt aus Sicht des HSV, denn die Hausherren hatten gegen Nationalkeeper Jogi Bitter sogar noch reihenweise beste Chancen liegengelassen. Auch nach dem Wechsel änderte sich daran nichts. Der BHC war spielerisch eigentlich besser als die Gäste. Was den Bergischen aber fehlte, war die Effektivität bei Großchancen. Runar Karason machte vor, wie es gehen kann. Mit einem tollen Anspiel an den Kreis sowie zwei Klasse-Toren von Rechtsaußen düpierte er den eingewechselten Dan Beutler im HSV-Kasten. Hätten Klev, Hoße und Kristian Nippes ähnlich eiskalt zugeschlagen, wären die Hamburger richtig in Schwierigkeiten geraten. Vor allem HSV-Rechtsaußen Hans Lindberg machte es nun besser, und so setzte sich letztendlich nicht die bessere Mannschaft, sondern das Team aus abgeklärteren Individualisten durch.
Vom Publikum gefeiert wurde aber der BHC, der dem super Auftritt beim Sieg gegen Hannover in der Uni-Halle einen zweiten begeisternden Auftritt folgen ließ. „Wir haben schlau gespielt, nur leider können wir das noch nicht über 60 Minuten“, meinte Kenneth Klev dennoch etwas traurig.