Fans feiern Handballer wie Popstars
Leipzig (dpa) - Drei Minuten vor Spielende konnte sich Oliver Roggisch dem Wunsch der Fans nicht mehr entziehen. Er streifte sich seine Trainingsjacke ab und lief am Samstagabend beim Allstar Game in Leipzig doch noch auf.
„Ich war ein bisschen angeschlagen und wollte eigentlich gar nicht spielen. Aber so ein Erlebnis, dass die Fans einen fordern, hat man nicht so oft“, sagte der Abwehrchef und Kapitän der Handball-Nationalmannschaft, dem kürzlich ein Zehnagel entfernt worden war.
Wie einen Popstar hatten die 7532 Fans in der Arena Leipzig den 34 Jahren alten Routinier gefordert. Immer lauter wurde sein Name skandiert und sein Einsatz so förmlich herbeigerufen. Und als der Recke von den Rhein-Neckar Löwen auch noch den 37. deutschen Treffer markierte, kannte der Jubel kaum noch Grenzen. Die Zuschauer feierten den Kapitän und seine Kollegen für den 37:35 (19:18)-Erfolg der Nationalmannschaft gegen die topbesetzte Bundesliga-Auswahl.
„Die Fans haben die Mannschaft gefeiert. Ich bin ein Aushängeschild der Mannschaft. Deswegen sehe ich das so, dass die Mannschaft gefeiert wurde“, sagte Roggisch und wies damit jeglichen Personenkult von sich, „wir haben uns auf dieses Spiel riesig gefreut. Es ist sensationell, wie die Fans uns gefeiert haben.“
Nur mit Mühe konnte sich Silvio Heinevetter seinen Weg vom Spielfeld zu den Umkleidekabinen bahnen. Der Torhüter mit den spektakulären Paraden musste immer wieder Autogramme schreiben und für Fotos pausieren. „Das ist doch alles schön“, sagte der Berliner, der als ehemaliger Spieler von Concordia Delitzsch in Leipzig ein Heimspiel hatte. Er wertete die neue Begeisterung für den Handball als Resultat der mitreißenden Spiele bei der WM mit dem starken fünften Platz. „Man hat gesehen, dass wir auf einem guten Weg sind“, sagte Heinevetter.
Knapp eine Woche nach WM-Schluss zeigten die Auswahl des Deutschen Handballbundes (DHB) und ihre Allstar-Kontrahenten beim Schaulaufen der Bundesliga, dass Handball nicht nur Kampf, sondern auch Attraktion ist. „Sie haben Spaß nicht mit zu viel Tollerei verwechselt“, sagte Bundestrainer Martin Heuberger.
Während die Spieler mit Freude ihren Aufschwung zelebrierten, war die Partie in Leipzig für Frank Carstens das Abschiedsspiel als Co-Trainer von Martin Heuberger. Nach rund eineinhalb Jahren gab er seine Tätigkeit im DHB auf und wird sich künftig ganz seinen Aufgaben als Trainer des Bundesligisten SC Magdeburg widmen.
Nun sucht der Verband einen Nachfolger. Im Gespräch sind Jan Gorr, der jüngst seinen Vertrag mit dem VfL Gummersbach aufgelöst hat, und Markus Baur. Der Junioren-Bundestrainer hatte im Vorspiel mit der B-Nationalmannschaft ein 33:33 (16:14) gegen den Zweitligisten SC DHfK Leipzig erreicht.
Eine Schrecksekunde erlebten die deutschen WM-Schiedsrichter Markus Helbig (Landsberg) und Lars Geipel (Steuden). Weil Geipel eine starke Bänderdehnung und einen Kapseleinriss im rechten Sprunggelenk erlitten hatte, pfiff Helbig sechs Minuten lang allein, ehe mit Tobias Tönnies aus Magdeburg ein Ersatzreferee auflief. Der Einsatz des Duos im DHB-Pokal-Viertelfinalspiel zwischen der SG Flensburg-Handewitt und den Rhein-Neckar Löwen am Dienstag ist noch offen.