Werbung mit dem kleinen Bruder: Katar probt für die WM
Doha (dpa) - Katar kämpft gegen die Skepsis an. Vier Monate vor der Handball-WM in Doha wirbt das Wüsten-Emirat einmal mehr mit dem kleinen Bruder Vereins-WM für seine Reputation als Gastgeber.
Der Super Globe, bei dem die SG Flensburg-Handewitt an diesem Donnerstag im Halbfinale auf den Turnier-Organisator Al-Sadd trifft, soll Spielern, Funktionären aber vor allem auch Fans den Trip in den Golf-Staat im kommenden Januar schmackhaft machen.
Trotzdem überwiegt bei vielen die Skepsis: Die umstrittene Fußball-WM 2022 wirft lange Schatten. Die Veranstalter der Handball-WM versuchen, sich davon zu distanzieren. Erstens fände ihr Turnier im Januar, also bei Temperaturen um die 25 Grad, und in Hallen statt, sagen sie. Zweitens habe es beim Bau der drei neuen Arenen bislang keine nennenswerten Unfälle von Arbeitern gegeben.
„Wir wollen die beste Handball-Weltmeisterschaft aller Zeiten veranstalten“, heißt es von den Organisatoren des WM-Turniers, das vom 15. Januar bis 1. Februar 2015. Zwar gibt es vonseiten der Flensburger Lob. Doch wie der hin und wieder recht unkritische Handball-Weltverband IHF sieht auch Geschäftsführer Dierk Schmäschke den Gastgeber noch lange nicht am Ziel seines hohen Anspruchs. „Die Katarer machen einen sehr guten Job, wobei in Sachen Organisation noch Nachholbedarf besteht. Was aber die Halle oder die Hotels betrifft, ist das schon klasse“, sagte Schmäschke.
Dennoch macht der Testlauf Mut. Die erste WM-Halle, der Qatar Handball Association Complex mit Platz für 5000 Zuschauern, wurde pünktlich zum Turnier fertig. Zwei weitere Hallen - Al-Sadd (7700 Zuschauer) und Lusail (15 300 Zuschauer) - sollen bis Ende November stehen. Baustellen gibt es aber nach Ansicht von Leon Kalin, der beim Weltverband für die Organisation der WM zuständig ist, trotzdem noch genügend. „Die Katarer sind sehr engagiert, auch bei der Umsetzung aller Ideen, aber es liegt noch viel Arbeit vor ihnen, um ein perfekter Organisator zu werden“, erklärte der Slowene.
Das Turnier wird die erste Männer-WM sein, die in nur einer Stadt ausgetragen wird. Die größte Distanz zwischen den Hallen beträgt 25 Kilometer. Das macht vor allem bei den Mannschaften Eindruck. „Die Unterbringung ist hervorragend, es gibt keine Reisetage, alle Wege sind kurz“, lobte Bernhard Bauer, Präsident des Deutschen Handballbundes (DHB), schon bei der Gruppen-Auslosung im Juli. Die deutsche Nationalmannschaft als umstrittener Nachrücker muss in der Vorrunde gegen Dänemark, Polen, Russland, Argentinien und Bahrain antreten.
Der Knackpunkt, ob die WM „die beste aller Zeiten“ wird, ist jedoch der Zuschauerzuspruch. Immerhin: Bei der Vereins-WM sind die Tribünen im Gegensatz zu den Vorjahren gut gefüllt, es kommt sogar so etwas wie Stimmung auf. In vier Monaten setzen die Katarer aber vor allem auf Fans aus Europa. Ihnen sollen im Vorverkauf, der noch im September beginnt, Pakete aus Karten, Hotels und Flügen angeboten werden. „Tophandball mit Urlaub kombinieren“, lautet das Motto. Meldungen, Katar würde Fans aus aller Welt kaufen, um die Hallen zu füllen, wies das Organisationskomitee aber als „Märchen aus 1001 Nacht“ zurück.
Für das Emirat ist die Handball-WM nur ein Teil des Gesamtprojekts: Katar will die Nummer eins als Gastgeber von Sport-Events werden. 2014 richtete Doha schon die Kurzbahn-WM im Schwimmen aus, 2016 folgt die Straßenrad-WM. ATP- und WTA-Tennisturniere gehören heute schon genauso zum Programm wie der Auftakt der Diamond-League-Serie in der Leichtathletik sowie Golf- und Reit-Masters-Turniere. Und über allem schwebt der Traum von den fünf Ringen: Spätestens 2028 will Katar die Olympischen Spiele ausrichten.