WM-Aus von Österreich befeuert Schiedsrichter-Kritik
Doha (dpa) - Patrekur Johannesson schlug die Hände über dem Kopf zusammen, verdrehte die Augen oder reagierte mit einem höhnischen Lachen: Bei der 27:29-Niederlage im Achtelfinale der Handball-WM gegen Gastgeber Katar regten Österreichs Trainer etliche Schiedsrichter-Entscheidungen auf.
Die Diskussion über die Unparteiischen ist neu entbrannt. Mit Worten aber wollte Johannesson den Auftritt der Kroaten Boris Milosevic und Matija Gubica nicht bewerten. „Ich kann das nicht kommentieren“, sagte der frühere Bundesliga-Spieler. Und weil er sich am Spielfeldrand nur so wenig aufgeregt hatte, dass er lediglich eine folgenlose Gelbe Karte kassierte, war er auf sich ebenso stolz wie auf sein Team. „Ich bin heute ganz ruhiggeblieben“, sagte er, während er rhythmisch wie ein Schlagzeuger mit dem Fuß auf den Boden stapfte.
Deutlicher wurden Österreichs Medien. „Österreich von Referees und Katar aus WM gekickt!“, titelte beispielsweise die „Kronen Zeitung“ auf ihrer Internetseite. Johannesson aber fürchtete Sanktionen für das kommende Spiel in der EM-Qualifikation gegen Finnland, hätte er mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg gehalten. „Ich will auch das nächste Spiel gegen Finnland mit meiner guten Mannschaft zusammen machen“, sagte der Isländer und ergänzte: „Sie sind eigentlich ein gutes Paar. Aber heute hatten sie einen schlechten Tag.“
In die gleiche Kerbe schlug sein Torhüter Thomas Bauer vom TBV Lemgo. „Ich habe zum Schiedsrichter gesagt, dass er bis zur 55. Minute der beste Schiedsrichter des Turniers war. Den Rest kann man sich denken“, meinte er vieldeutig.
Die Beschwerden aus dem Team Österreich kommen nicht von ungefähr und haben lediglich eine Schiedsrichter-Diskussion neu befeuert, die bereits im Abklingen begriffen war. Seit Turnierbeginn stehen die Unparteiischen von vielen Seiten in der Kritik. Die Regelauslegung für Stürmerfoul, fürs Trikotziehen oder das Abwehrverhalten auf den Außenpositionen sorgt für Unverständnis und Verwunderung auch im deutschen Lager.
„Wir hatten ein Spiel gegen Saudi-Arabien, wo null Hektik und Stress war. Trotzdem hatten wir elf Zeitstrafen. Das ist für mich nicht so normal“, sagte Bundestrainer Dagur Sigurdsson und wünschte sich, dass die Schiedsrichter die Spiele auf dem Niveau der Bundesliga leiten: „Es wäre sehr gut, wenn es ein bisschen so in diese Richtung geht.“
Der Handball-Weltverband IHF hat vor dem Turnier alle Mannschaften davon unterrichtet, dass die Angriffsspieler mehr geschützt werden. Betroffen sind das Spiel der Kreisläufer, das Schubsen von Rückraumspielern im Sprung oder Trikotziehen. In der Umsetzung aber ist das ebenso notwendige wie löbliche Vorgehen gegen rüde Fouls ins Gegenteil umgeschlagen.
Oliver Roggisch, zu seiner aktiven Zeit als Abwehrspezialist selbst kein Kind von Traurigkeit, erinnerte daran, dass auch bei vorangegangenen WM-Turnieren anfangs im Zweifel immer einmal mehr gepfiffen wurde. „Aber jetzt ist die Vorrunde vorbei und es wird immer noch relativ kleinlich gepfiffen. Gerade bei Schiedsrichtern, die noch nicht das Standing haben und noch nicht so erfahren sind. Die lassen sich wahrscheinlich mehr beeinflussen als die alten Hasen, die einfach ihr Ding durchziehen und so pfeifen wie sie immer pfeifen“, sagte der deutsche Team-Manager.
„Ich weiß nicht, ob das gut für den Handball ist“, sagte Österreichs Kapitän Viktor Szilagyi vom Bundesligisten Bergischer HC. Ihm und seinen Mitspielern war klar, dass sie erst durch die teils schlechte Chancenverwertung anfällig dafür waren, durch Schiedsrichter-Entscheidungen beeinflussbar geworden zu sein. „Wir haben vielleicht zu viele Bälle verworfen in einigen freien Situationen, um am Ende gewinnen zu können. Wir haben sehr, sehr viele Offensivfouls gemacht, in der zweiten Hälfte vor allem“, sagte der Spielmacher und fügte süffisant an: „Da haben die Katarer anscheinend gut gedeckt.“