Behinderter Läufer bei Leichtathletik-WM dabei
Stuttgart (dpa) - 400-Meter-Läufer Oscar Pistorius hat sich als erster behinderter Sportler für eine Leichtathletik-WM qualifiziert.
Der mit Karbon-Prothesen laufende Südafrikaner sprintete im italienischen Lignano eine Zeit von 45,07 Sekunden, mit der er sowohl die Norm für die Weltmeisterschaften Ende August in Daegu unterbot als auch einen persönlichen Rekord aufstellte. „Dieses Rennen war ein Traum. Der Spruch "See you in Daegu" hört sich so wunderbar an“, sagte der 24-Jährige. „Ich bin kaum zum Schlafen gekommen, weil ich rund 300 Glückwunsch-Mitteilungen bekommen habe.“
Pistorius erreicht mit dieser WM-Teilnahme ein lange verfolgtes Ziel. Der Leichtathletik-Weltverband (IAAF) hatte dem dreifachen Goldmedaillen-Gewinner der Paralympics von Peking zunächst untersagt, gemeinsam mit nicht-behinderten Athleten an den Start zu gehen. Die Begründung: Seine Prothesen würden ihm einen Vorteil verschaffen. Der Internationale Sportgerichtshof CAS hob diese Entscheidung im Mai 2008 jedoch wieder auf. Danach verpasste Pistorius die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2008 und die WM 2009 in Berlin.
Trotz aller Sympathie für den Athleten sieht das deutsche IAAF-Council-Mitglied Helmut Digel Pistorius' WM-Teilnahme kritisch. „Ich mag den Burschen, er ist ein herausragender Athlet. Ich selbst halte die Trennung von behinderten und nicht-behinderten Athleten aber nach wie vor für sinnvoll und sehe darin auch keine Form der Diskriminierung“, sagte der ehemalige Präsident des deutschen Leichtathletik-Verbandes der Nachrichtenagentur dpa.
Der Sportwissenschaftler befürchtet, dass die technische Entwicklung so schnell voranschreitet, dass Prothesen in absehbarer Zeit doch einen Wettbewerbs-Vorteil bringen könnten. „Man muss die Entwicklung in diesem Bereich auf jeden Fall mit Sorgfalt beobachten. Das ist eine Frage der Chancengleichheit“, meinte Digel.
Pistorius selbst verweist in dieser Frage stets auf das CAS-Urteil und die umfangreichen Tests, die dem vorausgegangen waren. „Das Gericht hat entschieden, dass die Prothese kein Vorteil ist. Ich bin froh, dass ich diese Diskussionen hinter mir habe“, sagte er. Der „Blade Runner“, wie er häufig genannt wird, war 1986 aufgrund eines Gendefekts ohne Wadenbeine auf die Welt gekommen.