DLV setzt wieder auf die Werfer - Überflieger Holzdeppe

Nürnberg (dpa) - Mit den Kugelstoß-Assen Christina Schwanitz und David Storl hat die deutsche Leichtathletik zwei Schwergewichte für die WM im „Vogelnest“.

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Einen Monat vor den Titelkämpfen in Peking gab es bei den Meisterschaften am Wochenende in Nürnberg ansonsten nicht viele Überflieger: Stabhochsprung-Weltmeister Raphael Holzdeppe allerdings jubelte ausgelassen nach einem Satz über 5,94 Meter und scheiterte nur knapp am deutschen Rekord von 6,02. Weiterhin offen ist der WM-Start von Diskus-Olympiasieger Robert Harting.

„Wir lassen ihm den Freiraum zu entscheiden. Prognosen sind kaum möglich“, sagte Chef-Bundestrainer Idriss Gonschinska. Harting hat eine Wildcard für die WM, der dreifache Weltmeister schaute aber in Nürnberg nach seinem Kreuzbandriss vom September nur zu - und jubelte auf der Tribüne: Seine Freundin Julia Fischer holte erstmals den Titel im Diskusring. Mit 65,98 Metern gewann die Berlinerin vor der früheren WM-Zweiten Nadine Müller (Leipzig/65,72). „Gerade bei so einer Konkurrenz deutsche Meisterin zu werden, das ist eine Ehre. Es ist so ein harter Kampf bei uns“, sagte Fischer.

Die 25-Jährige und Müller dürfen für die WM planen, bei der dritten Starterin muss der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) zwischen der DM-Dritten Shanice Craft aus Mannheim und der Jahresbesten Anna Rüh (Neubrandenburg) entscheiden. Bei den Männern blieb der Titel in der Harting-Familie: Roberts fünf Jahre jüngerer, aber sechs Zentimeter größerer Bruder Christoph besiegte mit 64,06 Metern in einem packenden Zweikampf den Magdeburger Martin Wierig (63,55).

Souverän und selbstbewusst präsentierte sich Kugelstoß- Europameisterin Schwanitz vom LV 90 Erzgebirge. Als Weltjahres-Beste mit 20,77 angereist, ließ die 29-Jährige der Konkurrenz mit genau 20 Metern keine Chance. „Ich wollte eigentlich ein bisschen weiter stoßen. Ich hoffe, dass ich das dann in Peking hinkriege. Ich wünsche mir, dann ganz oben zu sein“, sagte Schwanitz. Unangefochten setzte sich der zweifache Kugelstoß-Weltmeister David Storl am Sonntag vor 22 450 Zuschauern mit 21,47 Metern durch.

Weltmeister Holzdeppe durfte sich erstmals als deutscher Freiluft-Meister feiern lassen. Nach einer ungemein schwierigen Hallensaison ist der 25-Jährige aus Zweibrücken wieder obenauf und fordert bei der WM vom 22. bis 30. August Frankreichs Olympiasieger und Weltrekordler Renaud Lavillenie heraus. „Dort werden alle Karten neu gemischt, ich werde mein Bestes geben“, meinte Holzdeppe.

Bei den starken deutschen Speerwerferinnen schlug Katharina Molitor Weltmeisterin Christina Obergföll, die ein Jahr nach der Geburt von Sohn Marlon aber wieder auf einem Top-Niveau ist. Die Leverkusenerin Molitor siegte mit 65,40 Metern vor der Offenburgerin (64,11).

„Ich bin echt super zufrieden. Die letzten Wettkämpfe waren sehr, sehr durchwachsen. Ich hoffe, dass ich bis zur WM noch was drauflegen kann“, meinte Oberföll. Vor 22 450 Zuschauern wurde die Olympia-Dritte Linda Stahl aus Leverkusen Dritte mit 62,57.

Wie Storl, Schwanitz, Holzdeppe und die Speerwerferinnen ist auch Hammerwerferin Betty Heidler eine heiße Medaillenkandidatin für Peking. Die frühere Weltrekordlerin setzte sich mit 75,34 Metern klar durch, revanchierte sich für die Vorjahres-Niederlage gegen Kathrin Klaas und holte ihren zehnten Titel. „Ich möchte wieder eine Medaille mit nach Hause nehmen. Nach den vergangenen Jahren ist das das absolute Ziel“, meinte die Frankfurterin.

Sprint-Ass Julian Reus machte am Samstag den Titel-Hattrick perfekt und verpasste seinen deutschen Rekord im Vorlauf nur um vier Hundertstel. Mit 10,12 Sekunden im 100-Meter-Finale setzte sich der 27-Jährige aus Wattenscheid souverän durch. Bereits im Vorlauf schaffte Reus eine 10,09 - und erfüllte zum ersten Mal die WM-Norm. Bei den Frauen eroberte die Mannheimerin Verena Sailer in 11,20 Sekunden bereits ihr achtes Gold im Kurzsprint.

Bei der WM müssen die deutschen Athleten jedenfalls noch deutlich zulegen, um wieder eine Bilanz wie vor zwei Jahren in Moskau mit viermal Gold, zweimal Silber und einmal Bronze zu erreichen. „Der internationale Wettbewerb wird deutlich enger“, prophezeite Gonschinska. Gut 60 Sportler haben die WM-Norm in Einzeldisziplinen vor der Nominierung am Mittwoch schon erfüllt.