Gabius und Otto: Zwei Oldies so gut wie nie zuvor

Stuttgart (dpa) - Für ein paar Minuten durfte sich Björn Otto sogar als Nummer eins der Welt fühlen. Der Stabhochspringer aus Dormagen übersprang in Potsdam 5,92 Meter und stellte damit einen persönlichen Rekord und eine Weltjahresbestleistung in der Halle auf.

Kurz darauf flog Europameister Renaud Lavillenie aus Frankreich in Nevers noch einen Zentimeter höher. Das ändert allerdings nichts daran, dass sich zwei schon längst abgeschriebene Routiniers gerade in der Form ihres Lebens befinden und die deutsche Leichtathletik zu Beginn des Olympia-Jahres gehörig aufmischen. Otto sprang im Alter von 34 so hoch wie nie zuvor. Und der nur vier Jahre jüngere Arne Gabius steigerte in Birmingham die 30 Jahre alte deutsche Bestzeit von Thomas Wessinghage über die Zwei-Meilen-Distanz um gleich 19 Sekunden auf 8:10,78 Minuten.

„Da ist noch mehr drin“, sagten beide. Die zwei Meilen werden zwar nur selten gelaufen und deshalb auch nicht in den offiziellen Rekordlisten des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) geführt. Doch Gabius hatte schon eine Woche zuvor in Karlsruhe einen fantastischen Lauf über 3000 Meter hingelegt und die nationale Bestzeit von Dieter Baumann nur um 0,62 Sekunden verpasst.

Nach dem Rennen in Birmingham kam Weltmeister Mo Farah auf ihn zu und sagte: „Arne, du bist der nächste Weiße, der die 5000 Meter unter 13 Minuten läuft.“ Farah selbst hatte gerade einen britischen Rekord aufgestellt und war trotzdem von dem Kenianer Eliud Kipchoge besiegt worden. Das zeigt, in welch schnellem und vor allem herausragend besetztem Rennen Gabius als Fünfter ins Ziel kam.

Das Bemerkenswerte an seiner und auch Ottos Geschichte ist, dass beide am Ende des vergangenen Jahres eigentlich gute Gründe gehabt hätten, ihre Karrieren frustriert zu beenden. Gabius stand nach dem Rückzug seines Trainers und Vorbilds Dieter Baumann auf einmal ohne Trainer und auch ohne Sponsor da. Und Otto lag im Streit mit dem DLV, weil ihn der Verband trotz starker Leistungen im Sommer nicht für die Weltmeisterschaften in Daegu nominiert hatte. So wurde unter anderem ein Satz über 5,80 Meter nicht anerkannt, weil die Sprunganlage nicht den internationalen Standards entsprechend vermessen worden war.

Mit Blick auf die Hallen-WM in Istanbul stellte Bundestrainer Jörn Elberding aber schon einmal klar: „Da komme ich doch gar nicht vorbei an Otto.“ Der Studenten-Weltmeister von 2005 siegte in Potsdam überlegen vor dem Ukrainer Maksim Mazurik (5,72) und seinem Teamkollegen Karsten Dilla (5,62). „Das war gigantisch. Schon beim Einspringen habe ich gemerkt, dass diesmal eine Menge geht“, meinte Otto. Sein großes Ziel ist nun London. An Olympischen Spielen hat er im Verlauf seiner langen Karriere noch nie teilnehmen dürfen.

Auch Gabius haben die Enttäuschungen des vergangenen Jahres eher angespornt als geschwächt. Der Tübinger trainiert sich seit Dezember selbst und erklärte dem Internetportal „leichtathletik.de“ in einem Interview: „Es war eine riesige Umstellung, denn ich habe alles komplett anders gemacht. Ich habe zum Beispiel meine Dauerläufe viel schneller absolviert, habe Hürdentraining absolviert, war vor Weihnachten in einem Skilanglauf-Trainingslager und habe meine Gymnastik geändert.“ Der Erfolg ist so groß, dass der 30-Jährige sein komplettes Training mittlerweile auf seiner Internetseite erklärt. „Das kann jeder nachlesen“, sagte er und klang dabei sehr stolz.