Gold-Coup von de Zordo - Bolts zieht Show ab
Daegu (dpa) - Matthias de Zordo hat den nächsten großen Wurf der deutschen Leichtathleten in Daegu gelandet. Der Speerspezialist aus Saarbrücken holte bei den Weltmeisterschaften überraschend Gold - und machte es seinen triumphierenden Teamkollegen Robert Harting und David Storl nach.
Sechs Tage nach seinem kapitalen Fehlstart im Kurzsprint zog Superstar Usain Bolt seine Show über 200 Meter ab und verzückte die 44 000 Zuschauer nach seinem ersten Gold-Coup mit Tänzchen und Mätzchen. Der Dreifach-Olympiasieger und -Weltmeister aus Jamaika verfehlte mit seiner Saisonbestzeit von 19,40 Sekunden seinen Weltrekord von 19,19 zwar deutlich, bleibt aber seit 2007 über die halbe Stadionrunde ungeschlagen.
„Das war ein großes Rennen. Ich bin sehr zufrieden. 19,40 sind ein wunderbares Ergebnis. Aber auf Bahn fünf oder sechs wäre ich bestimmt noch etwas schneller gewesen“, sagte Bolt, der auf Bahn 3 erneut die schlechteste Reaktionszeit aller acht Finalisten hatte. Am Sonntag kann er in der 47. und letzten WM-Entscheidung seinen zweiten Sieg feiern.
Drei WM-Titel - das hatte es für den Deutschen Leichtathletik-Verband zuletzt 2001 in Edmonton gegeben. Vor dem letzten Wettkampftag mit Hammerwurf-Weltrekordlerin Betty Heidler hat der DLV sechs Medaillen auf dem Konto, drei weniger als nach dem Heimspiel 2009 in Berlin.
De Zordo schleuderte den Speer gleich im ersten Versuch auf die Saisonbestweite von 86,27 Meter. Der Vize-Europameister ließ den dritten Versuch aus, um seinen etwas lädierten Fuß zu tapen. Seine bangen Blicke galten vor allem dem Topfavoriten Andreas Thorkildsen: Der Titelverteidiger und Doppel-Olympiasieger aus Norwegen aber kam nicht richtig in Schwung und nicht über 84,78 Meter hinaus. Bronze ging an den Kubaner Guillermo Martinez. Der Rostocker Mark Frank überzeugte als Achter.
De Zordo ist damit der zweite deutsche Speerwurf-Weltmeister nach dem Berliner Detlef Michel, der bei der WM-Premiere 1983 in Helsinki im DDR-Trikot siegte. Zuletzt stand Boris Henry 2003 in Paris auf dem Treppchen. Der ist heute Bundestrainer und de Zordos Heimcoach und erlebte innerhalb von 24 Stunden ein Wechselbad der Gefühle: Am Tag zuvor hatte er noch seine Lebensgefährtin Christina Obergföll trösten müssen, die nach ihrem enttäuschenden vierten Platz in Tränen aufgelöst war.
Am Samstag fiel der 37-Jährige de Zordo um den Hals. „Was sie falsch gemacht hat, wollte ich wieder wettmachen“, sagte der Weltmeister über Obergföll. Henry war nach dem Coup seines Schützlings fassungslos: „Es war sehr bewegend für mich. Ich hätte nie gedacht, dass er es schaffen kann.“
Auch Kenias Läufer-Asse stockten ihre Edelmetall-Bilanz weiter auf. Asbel Kiprop rannte über 1500 Meter allen davon und siegte in 3:35,69 Minuten vor seinem Landsmann Silas Kiplagat und dem Amerikaner Matthew Centrowitz. Es war bereits das sechste Gold der Ostafrikaner bei der 13. WM - so erfolgreich waren sie noch nie.
In Abwesenheit der verletzten deutschen Top-Hochspringerin Ariane Friedrich verpasste ihre langjährige Rivalin Blanka Vlasic aus Kroatien ihren dritten WM-Titel in Serie. Die Russin Anna Tschitscherowa hatte über 2,03 Meter keinen Fehlversuch und wurde erstmals Weltmeisterin.
Staffel-Gold über 4 x 400 holten unangefochten zum siebten Mal in der WM-Historie die US-Girls. Sanya Richards-Ross, Allyson Felix, Jessica Beard und Francena McCorory siegten in der Weltjahresbestzeit von 3:18,09 Minuten vor Jamaika und Russland. Es war bereits der zehnte Titel für die führenden Amerikaner in Daegu. Den ersten Triumph über 100 Meter Hürden der Frauen für ihr Land feierte die Australierin Sally Pearson, die mit 12,28 Sekunden die viertschnellste Zeit überhaupt rannte.
Russlands Geher hatten am Vormittag bei der längsten WM-Strecke wieder ihre ganze Klasse bewiesen. Der 24-jährige Sergej Bakulin feierte über 50 Kilometer und 3:41:24 Stunden seinen ersten WM-Titel. Weltrekordler Denis Nischegorodow (3:42:45) wurde auf dem City-Rundkurs Zweiter, und so räumten seine Teamkollegen fast alles ab: drittes Gold im dritten Wettbewerb und sechs der neun Medaillen.