Harte Arbeit für Bolt: Rivalen da, Form noch nicht
Ostrau (dpa) - Zwei Jahre lang schien ihm alles zuzufliegen. Sprintstar Usain Bolt reihte Titel an Titel und Rekord an Rekord. Vor seinem Start in Ostrau hat der Jamaikaner aber zu kämpfen. Seine Rivalen werden stärker, die eigene Form ist nach langer Pause noch nicht perfekt.
Auf den ersten Blick sieht es so aus, als hätte Usain Bolt sich verlaufen. Der schillernde Sprintstar aus Jamaika und das kleine, alte Stadion in der Industriestadt Ostrau - das passt eigentlich nicht zusammen. Dabei ist das traditionelle Leichtathletik-Meeting im tschechischen Kohlerevier gerade in diesem Jahr ein passender Ort für einen Start: Denn Bolts Devise zwischen seiner langen Verletzungspause und der WM im Sommer in Südkorea heißt: Arbeit, Arbeit - und nackte Ergebnisse liefern. Die Jagd nach den eigenen Weltrekorden und seine beliebten Show-Einlagen stehen dahinter erst einmal an.
„Dieses Rennen wird mein erster richtiger Schritt Richtung Daegu. Denn nach dem Meeting in Rom hat mich mein Trainer schon gefragt, ob ich vergessen hätte, wie man läuft“, sagte der 24-Jährige. Nach neun Monaten Zwangspause und seinem holprigen Saisondebüt in der Vorwoche in Italien plagen den Olympiasieger und Weltmeister über 100 und 200 Meter ungewohnte Sorgen: Bolt ist noch längst nicht wieder in der gewohnten Verfassung. Und immer mehr Konkurrenten geben sich nicht mehr damit zufrieden, erst dann ins Ziel zu kommen, wenn er schon auf seiner Ehrenrunde ist.
In Ostrau trifft der Weltrekordler über 100 Meter auf seinen Landsmann Steve Mullings. Der hält im Moment die Weltjahresbestzeit (9,89 Sekunden) und ist in dieser Saison schon zweimal schneller gelaufen als Bolt bei seinem knappen Sieg in Rom (9,91).
„Mein Coach und ich erwarten große Dinge in diesem Jahr. Ich bin in einer guten Form“, sagte Mullings. Das klang zumindest wie eine Kampfansage. Noch größer ist die Gefahr, die von Tyson Gay ausgeht. Der Amerikaner brachte Bolt im vergangenen August die erste Niederlage seit zwei Jahren bei. Bis zur WM vom 27. August bis 4. September in Daegu werden sich beide aus dem Weg gehen, aber für das Diamond-League-Meeting am 30. Juni in Lausanne kündigte Gay zumindest schon mal ein Duell mit Ex-Weltrekordler Asafa Powell (Jamaika) an. Den wiederum überholte Bolt in Rom erst auf den letzten Metern.
„Das einzig Gute an diesem Rennen war, dass ich nicht verloren habe“, sagte er. „Dass die Pause nach meinem Saison-Aus im letzten Jahr so lang war, hat mich wirklich nervös gemacht. Aber ich fühle mich jetzt deutlich entspannter als noch in der letzten Woche. Das erste Rennen ist gelaufen.“ Bolt weiß genau, dass er noch einiges an seinem Start und der Beschleunigung zu arbeiten hat. Auch das scheinbar unerschütterliche Selbstvertrauen hat etwas gelitten. Nach neun Monaten ohne Wettkampf ist das allerdings auch kein Wunder.
Auf Ostrau freut sich der Superstar. Er spielte dort bereits am Vortag eine Runde Golf mit Tennis-Legende Ivan Lendl und Eishockey-Star Jaromir Jagr, die das Meeting aus Anlass seines 50-jährigen Bestehens als Ehrengäste schmücken sollen. An das kleine, nur 13 000 Zuschauer fassende Mestsky Stadion hat Bolt nur gute Erinnerungen. Dort lief er vor zwei Jahren die Superzeit von 9,77 Sekunden.
Das „Golden Spike Meeting“ zählt zu den Lieblings-Veranstaltungen der Stars. Neben Bolt haben auch 400-Meter-Weltmeisterin Sanya Richards (USA) oder der Kubaner Dayron Robles zugesagt, der in Ostrau 2008 seinen Weltrekord über 110 Meter Hürden lief. Von den deutschen Stars sind unter anderem Speerwerfer Matthias de Zordo, Hochspringer Raul Spank und Stabhochspringerin Silke Spiegelburg am Start.