„König Arthur“ Abele und das doppelte Glück
Berlin (dpa) - Für die elfte Disziplin brauchte „König Arthur“ inoffiziell vier Stunden. Und nach der einsamen Autofahrt von Ratingen nach Ulm gönnte sich der Zehnkampf-Held Arthur Abele noch ein „Bierchen als Betthupferle“.
Erst Sonntagnacht um 23.15 Uhr war der Schwabe zu Hause, bei seiner Freundin und Söhnchen Jay Travis. Am Montag nach seiner grandiosen Gala spielte und scherzte er schon wieder mit seinem größten Glück - der elf Wochen alte Jay jauchzte fröhlich ins Interview mit seinem Papa.
„Ich habe ihn erst mal geknutscht und geknuddelt, der ist so süß“, sagte Abele der Deutschen Presse-Agentur. Glück kann verschiedene Gesichter haben: Nach seinem Triumph beim Mehrkampf-Klassiker in Ratingen flossen bei dem gestandenen Athleten vom SSV Ulm 1846 am Sonntagabend die Tränen. „Ich habe geheult wie ein Schlosshund, vor allen Leuten. Das war irre! Wie ein Befreiungsschlag“, sagte der 29-Jährige.
Eigentlich wollte Abele nur die Olympia-Norm für die Sommerspiele in Rio de Janeiro abhaken. 8100 Punkte - doch dann packte er gleich 505 Zähler drauf und katapultierte sich an die Spitze der Jahresweltbestenliste. Das Ticket nach Rio war der Lohn - und die Favoritenrolle bekam er gratis dazu. 14 Monate nach seinem Achillessehnenriss am 21. April 2015 ist der in Mutlangen geborene Schwabe im Basislager für den Aufstieg zum Olymp angekommen.
Ende Juli wird Abele 30, und er weiß nach 16 Jahren als Leichtathlet aus eigener schmerzlicher Erfahrung, was so alles dazwischenkommen kann in der Königsdisziplin. Deshalb hält er sich mit Prognosen für Rio zurück - doch Träumen ist erlaubt. „Vielleicht hängt man sich ja dann doch so ein Edelmetallteil um den Hals“, sagt er lachend. Im Klartext: Der Mann will im Zenit seiner Karriere eine Olympia-Medaille. Endlich.
„Klar, man geht jetzt mit einem schönen Gefühl nach Rio. Mit einer tollen Punktzahl im Rücken - und Luft nach oben“, sagt der Schützling von Trainer Christopher Hallmann. „Und wenn es dort tatsächlich den Super-GAU gibt und es springt eine Medaille raus - dann hat sich die extrem harte Arbeit gelohnt.“
Vor acht Jahren, bei den Sommerspielen in Peking, hat es nicht geklappt. Da trat er im futuristischen „Vogelnest“-Stadion auch als bester Deutscher an, musste dann aber nach der vierten Disziplin aufgeben: Ein Muskelbündelriss ließ all seine Träume platzen. Die harte Arbeit von Monaten war in einer Sekunde dahin.
Doch Abele ist ein Kämpfer, er steht immer wieder auf. Fünf Stunden nach seinem Achillessehnenriss wurde er operiert, und am Tag danach war ihm klar: „Jetzt beginnt die Vorbereitung auf Rio.“ Er versprach: „Ich komme stärker zurück, als ich gegangen bin!“ Abele hielt Wort.
Sechs Wochen vor Olympia ist er plötzlich die Nummer 1. Dass er wieder fit wurde und verletzungsfrei blieb, verdankt der EM-Fünfte auch dem drittbesten Zehnkämpfer der „ewigen“ deutschen Bestenliste: Siegfried Wentz. Wenn es mit der Medaille in Rio tatsächlich klappt, dann hätte sich auch der promovierte Mediziner ein Stück davon verdient, meint Abele: „Der Siggi hat mich im Schwarzwald mit seiner Isokinetik und seinem Reha-Plan extrem nach vorn gebracht.“