Leichtathletik: Storl will den Bann brechen
Am ersten Tag der WM in Polen muss der 23-jährige Vize-Weltmeister im Kugelstoßen heute Abend als Mitfavorit ran.
Berlin/Sopot. Beim Interview auf der Massagebank ist David Storl noch total entspannt. „Ich bin 100 Prozent fit. Die Vorbereitung war optimal. Die Saison läuft gut, und ich habe den Spaß am Wettkampf wiedergefunden“, sagt der zweimalige Kugelstoß-Weltmeister. Nach zehn Trainingstagen in Kienbaum packte der Chemnitzer seine Sachen, am Mittwoch flog das Team des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) zur Hallen-WM ins polnische Sopot. Heute Abend will „Storli“ gleich im ersten Finale nach Gold greifen — und den Bann brechen.
Mit einem perfekten Stoß könnte der 125-Kilo-Hüne die deutsche Titelflaute bei Hallen-Weltmeisterschaften nach acht Jahren beenden. Letzter DLV-Champion unterm Hallendach war 2006 der Berliner André Niklaus mit Sensations-Gold im Siebenkampf. 20 DLV-Asse starten von heute bis Sonntag in der Ergo Arena in Sopot. Zwei Jahre nach seinem Silber-Stoß in Istanbul gehört Storl auch diesmal zu den Favoriten. Und wieder ist der Amerikaner Ryan Whiting sein härtester Konkurrent.
Am Bosporus reichten dem Deutschen im März 2012 selbst 21,88 Meter nicht zur Goldmedaille - weiter hat Storl die Stahlkugel bis heute noch nie gestoßen. Der US-Riese konterte und fing Storl noch ab: 22,00 Meter — ein Kugeldurchmesser entschied das WM-Finale.
„Whiting ist ein großer Konkurrent. Das wird ein hochspannendes Duell zweier Weltklasse-Athleten“, sagte DLV-Sportdirektor Thomas Kurschilgen. US-Champion Whiting reist als Weltjahresbester (22,23 Meter) an, für Storl spricht die Konstanz in der aktuellen Hallensaison: Alle sieben Wettkämpfe hat der 23-Jährige gewonnen, bei sechs flog die Kugel weiter als 21 Meter.
Anderthalb Wochen hat Storl in Kienbaum gut trainiert, auch die konstante Wettkampfserie hat dem zweifachen Weltmeister Sicherheit und Selbstvertrauen gegeben. „Ich bin ohne Verletzungen durch den Winter gekommen. Auch im Training lief es ganz gut“, sagt der Schützling von Sven Lang. Ganz gut? „Naja, die 20,20 Meter mit der Achteinhalb-Kilo-Kugel, das war schon sehr gut.“
Und nun kommt Whiting. Storl hat den Amerikaner nicht nur im Moskauer WM-Finale 2013 geschlagen, sondern auch am 1. Februar in Karlsruhe in der laufenden Hallensaison. „Vor zwei Jahren in Istanbul war es schon sehr knapp, das wird in Sopot wieder ähnlich“, prophezeit Storl, der Whiting einen Kampf auf Biegen und Brechen liefern will. „Ich versuche alles, um das wieder zu schaffen.“
Sein Trainer hat das ungewöhnliche Talent aus dem sächsischen Rochlitz schon früh erkannt — und seit 2006 auf dem Weg in die Weltspitze begleitet. „Er hat eine unglaubliche Bewegungsschnelligkeit, Schnellkraft und reaktive Fährigkeiten. Das ist das A und O, das man zum Kugelstoßen braucht“, erklärt Sven Lang . Storls körperliche Voraussetzungen seien optimal. „Außerdem ist er unglaublich fleißig und kann richtig hart trainieren.“
In diesem Jahr peilt der beste deutsche Kugelstoßer — spätestens bei der EM im August in Zürich — wieder die magische Grenze von 22,00 Metern an, die er bislang noch nicht geknackt hat. Ungeduldig wird „Storli“ nicht: „Die 22 Meter, die kommen dann ganz von selber“, sagt der Polizeimeister-Anwärter der Bundespolizei.
Vielleicht heute schon? Auch in Sopot will Storl wieder seinen Trumpf ausspielen: „Meine Stärke ist der Wettkampf.“ Und eines dürfte klar sein: Baden gehen wird Storl an der Ostsee nicht.