Mutais magischer Marathon - „Geschenk Gottes“

Boston (dpa) - Der schnellste Marathon-Mann geht nicht als Weltrekordler in die Leichtathletik-Geschichte ein - doch das stört Geoffrey Mutai überhaupt nicht.

„Ich bin einfach nur glücklich. Ich habe schon in der Vergangenheit versucht, solche Rennen zu laufen“, sagte der Kenianer nach seiner Fabelzeit von 2:03:02 in Boston. „In Rotterdam bin ich 2010 schon auf 2:04:55 Stunden gekommen, in Berlin hat uns dann der Regen gestoppt.“ Zudem zahlte sich seine Ausdauerleistung über die 42,195 Kilometer auch finanziell aus.

Gleich um sagenhafte 57 Sekunden unterbot Mutai die am 28. September 2008 in Berlin aufgestellte Bestmarke des Äthiopiers Haile Gebrselassie (2:03:59 Stunden). Doch das Streckenprofil verhinderte die Anerkennung der magischen Marke bei der 115. Auflage: Zum einen ist der älteste Städtemarathon der Welt nicht wie vorgeschrieben ein Rundkurs. Somit kann, wie diesmal geschehen, teilweise erheblicher Rückenwind das Rennen erleichtern.

Zum anderen gibt es zwischen der Startlinie in Hopkinton und dem Ziel auf der Boylston-Street im Herzen der Massachusetts-Metropole ein Gefälle von 139,90 Metern - und somit deutlich mehr als die vom Internationalen Leichtathletik-Verband (IAAF) zugelassenen maximal 42 Meter. Dennoch gilt der Klassiker am Patriots Day als äußerst schwierig: Vier Anstiege von Kilometer 26 bis 33 - mit dem neuralgischen Punkt „Heartbreak Hill“ als Krönung - machen die Strecke zur Herausforderung. Die Veranstalter wollen nun bei der IAAF beantragen, dass der Weltrekord doch anerkannt wird, da es sich nicht um einen gekünstelten Kurs handele.

„Ich sehe es als Geschenk Gottes“, meinte Mutai nach seinem Triumph. Der 29-Jährige hatte sich bei idealen Temperaturen um zehn Grad, blauem Himmel und Rückenwind zusammen mit seinem Landsmann Mosos Mosop rund zehn Kilometer vor dem Ziel entscheidend abgesetzt. „Ich trainiere in Kenia in den Bergen, immer wieder rauf und runter - das hat mir hier viel gebracht“.

Obwohl die Anerkennung des Weltrekordes ausblieb, wurde Bostons Bester bestens entlohnt: 150 000 US-Dollar (rund 105 000 Euro) bekam er für den Sieg, 25 000 Dollar für den Streckenrekord und zudem 50 000 Dollar für seine „world best“-Zeit, wie es die Veranstalter der Boston Athletic Association offiziell ausdrückten. Mutai sah es ganz pragmatisch: „Ich bin nicht hergekommen, um den Weltrekord zu brechen.“ Nicht verwandt ist Geoffrey Mutai übrigens mit Emmanuel Mutai, der keine 24 Stunden zuvor den London-Marathon in 2:04:40 Stunden gewonnen hatte.

Genauso beachtenswert war die Leistung von Mosop. Der erst 25- Jährige lief bei seinem Marathon-Debüt nur vier Sekunden hinter Mutai ins Ziel und blieb somit 53 Sekunden unter Gebrselassies Weltrekord. Mit dem Dritten, Gebre Gebremariam aus Äthiopien (2:04:53 Stunden), und dem Amerikaner Ryan Hall auf Platz vier (2:04:58) waren insgesamt vier Läufer schneller als der erst im Vorjahr aufgestellte Streckenrekord des Kenianers Robert Kiprono Cheruiyot (2:05:52). „Es waren heute Bedingungen, wie sie einmal in 100 Jahren vorkommen“, meinte die Geschäftsführerin des New York Marathons, Mary Wittenberg.