Pannen bei Leichtathletik-EM: Messfehler - oder nicht?
Zürich (dpa) - Messfehler in der Leichtathletik sind nicht nur auf menschliches Versagen zurückzuführen, sondern auch auf die Tücken der Technik. So gab es bei den Olympischen Spielen in London ein Hickhack um Hammerwerferin Betty Heidler nach einem Softwareproblem: Ihre Weite war im Computer nicht erfasst worden.
Genau das Gleiche passierte der Weltrekordlerin nun bei der EM-Qualifikation erneut. In Zürich gab es zudem Ärger im Weitsprung bei der deutschen Meisterin Melanie Bauschke und bei Zehnkämpfer Kai Kazmirek.
Wie die Messungen vorgenommen werden - und die EM-Pannen von Zürich:
Weit- und Dreisprung: Methode: Das Videomesssystem ist auf dem Dach installiert, zwei Kameras hängen über der Sandgrube. Ein Messtechniker sieht auf seinem Computer Linien. Diese kann er bis zu jenem Punkt verschieben, wo der Athlet einen Eindruck im Sand hinterlassen hat. An einer justierten Skala wird die Weite dann abgelesen.
Der Fall Kazmirek: 7,25 Meter wurden nach seinem ersten Versuch angezeigt. Der Eindruck der Offiziellen und Zuschauer an der Grube: Der Sprung war deutlich weiter, etwa zwischen 7,60 und 7,75. Die deutsche Teamleitung stellte noch während des Wettkampfs die Anfrage, den Versuch noch einmal sehen. Die Fernsehaufzeichnung zeigte: Der Sprung war tatsächlich um die 7,70. Bei der Jury wurde erwirkt, das Messsystem anschauen zu können. Dabei stellte sich heraus, dass der Kampfrichter vergessen hatte, die Weite zu vermessen und er eine eigene festgelegt hatte - nämlich die 7,25. Daraufhin legte der Deutsche Leichtathletik-Verband (DLV) Einspruch ein. Die Jury nutzte alle Hilfsmittel und legte den Sprung auf 7,66 fest.
Der Fall Bauschke: Durch die Böen im Stadion hatte das Dach zu stark vibriert und das Messsystem konnte nicht zum Einsatz kommen. Deshalb wurde - wie früher - der Messstab nach jedem Sprung in den Sand gesteckt. Der erste Versuch Bauschkes wurde mit 6,79 Meter angegeben. Außenstehende hatten hier den Eindruck, dass der Sprung längst nicht so weit war. Deshalb legte das schwedische Team Einspruch ein und ließ sich die Aufzeichnungen zeigen. Daraufhin wurde der Versuch später auf 6,55 Meter festgelegt. Das Procedere des Protestes läuft außerhalb der Wettkampf-Stätte über das technische Informationszentrum des Stadions. Am Ende entschied die Jury: Einspruch berechtigt, der Sprung war nur 6,55. Offensichtlich hatte der Kampfrichter das Messgerät falsch eingestochen. Dass dies Bauschke erst vor ihrem letzten Versuch übermittelt wurde, ist nicht üblich.
Würfe:Methode: Ein Messstab mit einem Spiegel wird an dem Punkt eingesteckt, wo das Wurfgerät landet. Über diesen Spiegel gibt es ein Signal zum Messgerät am Computer. Dieser errechnet die Weite, dort erfasst ist der Teilnehmer mit seiner Startnummer, ihm wird die ermittelte Weite zugeordnet. Vom Messcomputer wird sie automatisch an die Anzeigetafel geleitet.
Der Fall Heidler: Sowohl in London als auch in Zürich wurde ihre Weite nicht vom Messsystem zum Datensystem vermittelt, sondern ein Wert einer Konkurrentin verzeichnet - ein Softwarefehler. Der DLV ließ in beiden Fällen die Daten im Messsystem überprüfen. Bei Olympia durfte Heidler nach langen Diskussionen einen zweiten fünften Versuch machen. In der EM-Qualifikation musste sie noch einmal ran, obwohl sie sich schon für das Finale qualifiziert glaubte.