Rudisha wieder da: Rekordläufer will endlich Titel

Lausanne (dpa) - Tübingen, Lausanne, Daegu: So sieht für den kenianischen Wunderläufer David Rudisha der Weg zum langersehnten WM-Gold aus.

In Tübingen trainiert der schnellste 800-Meter-Läufer der Welt. In Lausanne wird er zum ersten Mal nach seiner Verletzung wieder bei einem großen Diamond-League-Rennen starten. Und in Südkorea will er Ende August endlich etwas gewinnen, das er sich zu Hause auch in die Vitrine stellen kann. Seine beiden Weltrekorde aus dem vergangenen Jahr reichen ihm längst nicht aus.

„Ich habe noch nie einen Titel geholt“, sagte der 22-Jährige am Mittwoch. „Nur wenn man einen Titel gewinnt, erinnern sich die Leute später an einen. Ohne einen Titel ist eine Karriere nicht komplett.“

Rudisha ist ein Jahrhunderttalent. Er unterhält die Zuschauer zwar nicht so wie Usain Bolt, aber auch er lässt sie manchmal staunend zurück. Im August 2010 lief der Kenianer zwei Weltrekorde binnen acht Tagen - die Bestmarke seines Vorgängers Wilson Kipketer war zuvor 13 Jahre lang unangetastet geblieben. Im Frühjahr verletzte er sich am linken Fuß und bestritt dreieinhalb Monate lang keinen einzigen Wettkampf. Als er am Samstag im französischen Nancy auf die Bahn zurückkehrte, lief er gleich eine Weltjahresbestzeit. 1:43,46 Minuten schaffen einige seiner Konkurrenten nicht einmal in Bestform.

„David ist größer als die anderen 800-Meter-Läufer. Er ist geschmeidig und hat viel Schwung. Es sieht so aus, als fliege er über die Bahn“, sagte sein Coach Colm O'Connell einmal. Der Ire trainierte auch schon Kipketer. Er weiß genau, dass Rudisha eigentlich nur einen wirklich zu fürchten braucht: Und das ist Rudisha selbst.

Bei der WM 2009 in Berlin schied er schon im Halbfinale aus. Seit den beiden Weltrekorden ist auch der Erwartungsdruck viel größer geworden. Der kommt von außen und noch mehr von ihm selbst, denn die Jagd nach Medaillen lässt Rudisha einfach nicht los. So studiert er in seiner Freizeit die Läufe von Kipketer oder Sebastian Coe. Sein Vorbild ist sein Vater, der bei den Olympischen Spielen 1968 Silber mit der 4x400-Meter-Staffel gewann. „Ich spüre viel Druck“, meinte er. „Es ist nicht einfach, damit umzugehen, aber ich versuche es.“

Seine Sehnenentzündung im Fuß hat ihm das in den vergangenen Monaten nicht unbedingt leichter gemacht. „Ich war verunsichert“, gestand Rudisha. Für sein Comeback suchte er sich deshalb ganz gezielt ein kleines Meeting ohne großen Medienrummel aus. „Nach diesem Rennen sollte er wieder frei im Kopf sein“, meinte sein Coach.

Genauso wirkte Rudisha am Mittwoch zumindest. „Ich bin schon im letzten Jahr immer besser und besser geworden im Verlauf der Saison. So soll es bis zur WM auch diesmal sein“, sagte er. In Lausanne bekommt er die so wichtige Wettkampfpraxis auf allerhöchstem Niveau, denn neben ihm starten Weltmeister Mbulaeni Mulaudzi (Südafrika), Europameister Marcin Lewandowski (Polen) und 1500-Meter-Olympiasieger Asbel Kiprop (Kenia). Das sind alles starke Leute. Auch wenn seit der Berliner WM keiner von ihnen mehr Rudisha im Freien besiegt hat.