Russlands Reinigung für Rio: Neuer Chef fürs Image
Moskau (dpa) - Gut ein halbes Jahr vor den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro setzt Moskau auf den angesehenen Sportfunktionär Dmitri Schljachtin, um das vom Dopingskandal ruinierte Image der russischen Leichtathletik wieder aufzubauen.
Der Leichtathletikverband (WFLA) wählte den bisherigen Sportminister des Wolga-Gebietes Samara am 16. Januar in Moskau zum neuen Präsidenten.
Wegen gravierender Dopingverstöße und eines gigantischen Betrugssystems war Russland am 13. November vom Council des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF suspendiert worden. Damit verbunden ist auch eine Sperre für russische Athleten bei internationalen Meisterschaften wie den Olympischen Spielen im August in Rio de Janeiro. Auslöser waren Berichte der Welt-Anti-Doping-Agentur WADA.
„Die IAAF erwartet von uns radikale Entscheidungen, und die müssen wir heute treffen und nicht morgen“, sagte Schljachtin der Fachzeitung „Sport-Express“ nach seiner Wahl. „Ich werde versuchen, die Forderungen (der IAAF) maximal zu erfüllen. Wenn es nötig ist, werden wir Sportler und Trainer einberufen und befragen. Wir müssen zeigen, dass wir alles Mögliche getan haben.“
Ob es am Ende reichen wird? Schljachtin sieht die Chance bei 50 zu 50, dass die IAAF seinen Verband wieder aufnimmt und den Russen damit die Olympia-Teilnahme ermöglicht. Für Ende März erwartet Moskau mit Spannung die Entscheidung des Weltverbandes - das wäre nach der Hallen-WM in Portland/USA (18. bis 20. März).
„In so einem kritischen Moment müssen wir enorme Anstrengungen aufbringen, um die russische Leichtathletik in die internationale Familie zurückzuführen“, betonte Sportminister Witali Mutko. Er lobte Schljachtin als erfahrenen Funktionär und sagte dem 49-Jährigen seine Unterstützung zu.
Schljachtin bleibt zunächst bis Herbst im Amt. Dann soll erneut eine Verbandsführung gewählt werden. Um sein Image aufzupolieren, hat der WFLA nach eigener Darstellung den gesamten Stab ausgetauscht. Niemand in der Führungsriege solle mit früheren Dopingfällen in Verbindung gebracht werden, hieß es bei der Sondersitzung.
Auch aktive Sportler wie die Stabhochspringerin Jelena Issinbajewa wurden nicht berücksichtigt - sie sollten sich besser auf das Training für die Sommerspiele konzentrieren, argumentierte der Verband. Die meisten russischen Athleten hätten mit Doping nichts zu tun, beteuerte Minister Mutko. Dies seien „gewissenhafte Sportler“.
Die Zeitung „Rossijskaja Gaseta“ gibt die Schuld an dem Schlamassel Russland selbst. In den vergangenen Jahren seien 57 russische Sportler wegen Dopings disqualifiziert worden. Derzeit stünden rund 60 weitere unter Verdacht. „Wir müssen der Welt zeigen, dass allein die Teilnahme an den Olympischen Spielen unter der russischen Flagge für uns das Wichtigste ist“, schrieb das Regierungsblatt.