Semenyas Comeback: Titel verloren, Herzen gewonnen
Daegu (dpa) - Titel verloren, Silber gewonnen, Herzen erobert: Caster Semenya hat bei ihrer Rückkehr auf die WM-Bühne viel Beifall bekommen und sich auch als Zweite wie eine stolze Siegerin gefühlt.
Der zweite Platz im 800-Meter-Finale und die starke Zeit von 1:56,35 Minuten waren für die entthronte Weltmeisterin bei der Leichtathletik-WM in Daegu nur Nebensache. Der lange Leidensweg bis zu den Weltmeisterschaften hatte die 20 Jahre alte Südafrikanerin auch stark gemacht - schon ihre Teilnahme war ein kleiner Triumph.
„Silber zu gewinnen, ist wie ein Geschenk für mich. Ich fühle mich großartig!“, sagte die wohl glücklichste Zweitplatzierte dieser Titelkämpfe. „Das Rennen war wirklich gut. Obwohl ich nur Silber gewonnen habe, habe ich das alles wirklich genossen, mehr als vor zwei Jahren. Ich weiß, da habe ich in Berlin Gold gewonnen - aber ich fühle mich heute viel besser“, versicherte Semenya.
Schon vor dem Start auf Bahn 5 bekam die lange, kräftige Läuferin viel Beifall. Nach dem Rennen umarmte sie ihre Konkurrentinnen und lachte später ausgelassen auf dem Siegerpodest. Ganz oben stand dort die Russin Maria Sawinowa. Die 26-Jährige gewann in der Weltjahresbestzeit von 1:55,87 Minuten die Goldmedaille. Bronze erkämpfte Ex-Weltmeisterin Janeth Jepkosgei (1:57,42). Semenya hatte der Kenianerin im Finale der Berliner WM den Titel abgejagt.
Doch an jenem Tag hatte sich das Unheil schon angebahnt. Der Fall der jungen Läuferin mit der männlich-herben Erscheinung sorgte seither für viel Wirbel. Noch vor dem Finale, das die damals 18-Jährige in der Weltklassezeit von 1:55,45 Minuten gewann, hatte der Weltverband IAAF einen Geschlechts-Test für Semenya angeordnet. Ihr Äußeres hatte Zweifel aufkommen lassen.
Der Leichtathletik-Weltverband führte als Konsequenz aus dem Fall als erster internationaler Sportverband eine Bestimmung für Athletinnen mit einer Überproduktion männlicher Hormone ein. Der Fall löste einen sportpolitischen, juristischen und ethischen Konflikt aus. Semenya tauchte ab - und erst Mitte Juli 2010 in Finnlands Wäldern bei einem Meeting in Lappeenranta wieder auf. Nur sechs 800-Meter-Läufe bestritt sie im Vorjahr - das WM-Finale war dagegen schon ihr 14. Rennen in dieser Saison.